Regierungschefs suchen Lösung für Balkanroute
Die Regierungschefs von acht EU-Staaten sowie von Serbien und Mazedonien wollen am Sonntag in Brüssel über die Flüchtlingssituation auf der sogenannten Balkanroute beraten. Das ist eine große Chance für die am stärksten betroffenen Länder, eine gemeinsame Linie zu finden, meinen einige Kommentatoren. Andere glauben, dass sich die Staaten längst auf eine restriktive Asylpolitik geeinigt haben.
Umgang mit Balkanroute gemeinsam regeln
Der Flüchtlingsgipfel der meistbetroffenen europäischen Staaten ist eine sehr gute Möglichkeit, klare Absprachen zu treffen, meint die liberale Tageszeitung Jutarnji list: "Merkel wird den anderen Staatschefs mitteilen müssen was Deutschland tun will, beziehungsweise ob und wann es die Annahme von Flüchtlingen verlangsamen oder stoppen möchte. Von ihr erwarten Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien Antworten. Alle fürchten, dass ein Stopp einen Rückstau in Richtung Süden verursachen würde. ... Dies wird eine einmalige Chance für alle, ihre Meinung zu äußern und sich nicht gegenseitig über die Medien und bilaterale Treffen zu beschuldigen. Alle sitzen in einem Boot, sie können die Krise nur gemeinsam meistern. Die Alternative wäre, die Flüchtlinge von Grenze zu Grenze zu jagen und sich weiterhin gegenseitig die Schuld zuzuschieben."
Mythos vom sicheren Hafen Europa zerbricht
Die europäischen Politiker müssen in der Flüchtlingskrise endlich die Wahrheit sagen, fordert die konservative Tageszeitung Le Figaro: "Europa wirkt ohnmächtig, voller Risse. Dabei sind die Europäer in ihrer Reaktion auf diese Herausforderung vereinter, als ihre Regierenden dies vermitteln. Angela Merkel findet sich damit ab, dass Deutschland jetzt 'die Schattenseite der Globalisierung' erlebt und Jean-Claude Juncker vergießt Tränen über das nach innen gerichtete Europa. Beide liegen jedoch daneben. Man kann bedauern, dass nur Viktor Orbán die Wahrheit sagt: Keine Nation hat ihren Regierenden das Mandat erteilt, unkontrolliert hunderttausende Flüchtlinge aufzunehmen. Entgegen der Diskurse verschärfen die Länder ihre Überwachungs- und Abschiebemaßnahmen für illegale Zuwanderer. Selbst 'Mama Merkel' plant, 200.000 abgewiesene Asylbewerber mit Militärflugzeugen zurückzubringen. Der Mythos von Europa als friedlicher Zufluchtsort ist dabei zu zerbrechen: für jene, die ihn geschaffen haben, aber auch für die Migranten, die an ihn geglaubt haben."
Angst der EU vor Flüchtlingen ist lächerlich
Dass viele EU-Staaten sich immer noch gegen die Verteilungsquote für Flüchtlinge stellen, ist nach Ansicht der linksliberalen Wochenzeitung Le Jeudi nicht hinnehmbar: "All diese Blockaden werden nur zur Katastrophe führen. Deutschland kann die Aufnahme der Flüchtlinge nicht allein bewältigen. Daher ist die Abschottung der osteuropäischen Länder inakzeptabel. ... Die aktuelle Ausweglosigkeit hat Europa selbst zu verantworten. Der Kontinent muss auf den Weg der Würde zurückfinden. Gegenüber den Migranten und gegenüber sich selbst. Der Rest erinnert an die Geschichte eines Elefanten, der Angst vor einer Maus hat. Sollte die EU eine Million Flüchtlinge aufnehmen, wären dies 0,2 Prozent seiner Bevölkerung. Es muss einem wirklich das Vertrauen in unsere Werte und Kulturmodelle fehlen, um zu denken, dass das europäische Haus einstürzt, wenn es seine Türen öffnet."
Auch Schwedens Idealismus kennt Grenzen
Schweden erwartet in diesem Jahr laut aktuellen Prognosen bis zu 190.000 Asylbewerber. Das für seine generöse Asylpolitik bekannte Land ist nun gezwungen, der Realität ins Auge zu blicken, konstatiert die liberal-konservative Tageszeitung Jyllands-Posten: "Die Einheitsfront gegen die [rechtspopulistischen] Schwedendemokraten ist zerbröckelt. Eine Partei nach der anderen rettet sich in die Wirklichkeit und entfernt sich von dem romantischen Selbstbetrug, an den sich Politik und Medien bisher in unschöner Liaison geklammert hatten. Nun nimmt man Kurs auf eine schnellere Behandlung der Asylanträge, führt mehr Grenzkontrollen durch und unterstützt die EU-Pläne für Auffanglager in Südeuropa. ... Kürzlich noch schwang sich Premier Stefan Löfven zum moralischen Richter über Länder auf, die angesichts des Zustroms von Flüchtlingen just jene Maßnahmen ergriffen. Nun muss auch Schweden eingestehen, dass der Idealismus Grenzen hat: Man tut genau das Gleiche."