Greift Russland in den US-Wahlkampf ein?
Die US-Demokraten sind erneut Opfer eines Hackerangriffs geworden. Zuvor waren bereits gehackte E-Mails über die Enthüllungsplattform Wikileaks an die Öffentlichkeit gelangt. Washington schließt nicht aus, dass Russland hinter den Angriffen steckt. Damit schadet Wikileaks Clinton, kritisieren einige Kommentatoren. Andere glauben, dass die Angriffe folgenlos bleiben werden.
Assange macht sich zum Werkzeug der Russen
Mit der Enthüllung vertraulicher Mails aus der Parteizentrale der Demokraten lässt sich Wikileaks-Gründer Assange vor den Karren russischer Geheimdienste spannen, meint der Blog Poliitika.guru:
„Die Form der Veröffentlichung ist diesmal eine viel größere Nachricht als der Inhalt. ... Statt schockierender Enthüllungen handelte es sich erwartungsgemäß meist um innerparteiliche Grabenkämpfe. Es sieht allerdings so aus, als versuchten russische Geheimdienste durch die Beeinflussung der Öffentlichkeit den für sie passenden Kandidaten zum US-Präsidenten machen. Wikileaks ist dabei nur ein Werkzeug. Assange hat sein Versprechen vom 'wissenschaftlichen Journalismus' nicht gehalten. Er hat Informationen veröffentlicht, die vielen unschuldigen Personen schaden und nicht im öffentlichen Interesse sind. Sowohl die Quelle, der Zeitpunkt, die Schlampigkeit der Enthüllung und Assanges persönlicher Hass gegen Clinton lassen kaum Deutungsspielraum.“
Hacker-Angriff wird folgenlos bleiben
Der Hackerangriff auf die US-Demokraten wird wohl kaum Auswirkungen auf den Wahlkampf haben, vermutet das russische Internet-Portal Slon.ru:
„Tatsächlich sieht die Geschichte mit den gehackten und verbreiteten E-Mails aus dem Hauptquartier der Demokraten wie eine klassische Geheimdienstoperation aus: Man lässt kompromittierende Informationen durchsickern, die dem Zielobjekt schaden, demoralisiert dessen Anhänger und arbeitet indirekt für den eigenen Verbündeten. Doch es ist nicht davon auszugehen, dass dies einen bestimmten Effekt auf das Wahlergebnis haben wird. Die Operation zeugt vom fehlenden Verständnis für die Mechanismen der US-Innenpolitik und einer unangemessenen Bewertung der eigenen Möglichkeiten - auch wenn man davon ausgeht, dass sie in Russland geplant wurde. Solche Maßnahmen werden kaum etwas ändern können in einem Land mit 300 Millionen Einwohnern, freien Medien und milliardenschweren Wahlkampfbudgets.“
Putin könnte Trump zum Präsidenten machen
Die mutmaßlich russischen Cyber-Attacken könnten Trump zum Präsidenten machen, fürchtet La Repubblica:
„Gegen diese Einmischung in den US-Wahlkampf - gegen die Angst der Clintons, Zehntausende Mails könnten wie heißes Öl in den Wahlkampf gegossen werden - können weder Obama noch die Partei noch die Gegenspionage etwas tun. Sie können nur hoffen, dass die unvorsichtige Dame in ihren Accounts nicht allzu viele Spuren der peinlichen Finanzbeziehungen - von ihr und ihrem Mann Bill - mit arabischen Staaten wie dem Königreich Saudi-Arabien hinterlassen hat. Die 'schmutzigen Kriege' der Spionage sind schmutzig, weil keine Seite wirklich sauber ist. Und Trump, der das große Amerika wieder aufzubauen verspricht, könnte der erste Präsident sein, der mit der Hilfe der Russen, der Bären von Putin, gewählt wird.“
Europa muss sich gegen Cyber-Angriffe wappnen
Nicht nur die USA müssen sich dringend gegen russische Cyber-Attacken verteidigen, fordert România Liberă:
„Die schlechte Nachricht ist, dass die cleversten Köpfe des US-Geheimdienstes sich noch überhaupt nicht darüber verständigt haben, wie sie sich gegen die Attacken wehren sollen. Die einen haben moralische Skrupel, andere politische, wieder andere fürchten, dass damit ein offener Cyberkrieg gegen die Russen vom Zaun gebrochen wird. Doch bis sie sich geeinigt haben, könnte Putin schon das erreicht haben, was er wollte, nämlich die Wahlkampagne von Hillary Clinton zu sabotieren. … Wenn die Russen weiterhin ungestört agieren können, wer weiß, welches Desaster sie bis zu den Wahlen im November provozieren. Wenn es dem Kreml gelingt, die Demokratie in den USA durcheinanderzubringen, dann müssen die europäischen Staaten schnellstens Abwehrmaßnahmen entwickeln. ... Denn nichts würde Putin mehr gefallen, als die westlichen Demokratien in ein russisches Puppenspiel zu verwandeln.“
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