Gilt in Polen bald totales Abtreibungsverbot?
Polnische Aktivistinnen rufen alle Frauen im Land dazu auf, am 3. Oktober die Arbeit niederzulegen, um gegen das geplante Abtreibungsverbot zu protestieren. Am Freitag bestätigte das Parlament einen Gesetzesentwurf, der eine Gefängnisstrafe für Frauen vorsieht, die eine Schwangerschaft abgebrochen haben. Ein Bürgerbegehren hatte die Gesetzesverschärfung ins Rollen gebracht. In Polen tobt ein Kulturkampf, der auch in den Tageszeitungen ausgetragen wird.
Polinnen, kämpft gegen die drohende Hölle!
Vor katastrophalen Auswirkungen des Abtreibungsverbots warnt die liberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza und unterstützt daher den Aufruf zur Arbeitsniederlegung uneingeschränkt:
„Die Konsequenz dieses Gesetzes wird die Verfolgung und Bestrafung von Frauen sein, die die Schwangerschaft abgebrochen haben (und sogar von denjenigen, die eine Fehlgeburt hatten). Und nicht nur den Ärzten, sondern auch den Ehemännern, Partnern und Freunden, die diese Entscheidung unterstützt haben, droht das Gefängnis. Dadurch wächst die Zahl der Abtreibungen im Untergrund, die oft unter lebensbedrohlichen Bedingungen durchgeführt werden. Dieser Hölle können nur die vermögenden Polinnen entkommen, die einige hundert Euro für eine legale und sichere Abtreibung im Ausland bezahlen können. ... In einer Demokratie ist die Arbeitsniederlegung eine der stärksten Formen, um politischen Druck auszuüben. Und wir finden, dass der Zeitpunkt dafür jetzt gekommen ist.“
Glaubt nicht die Lügen der Gazeta Wyborcza!
Auf die Forderung von Gazeta Wyborcza reagiert die regierungsnahe Tageszeitung Gazeta Polska Codziennie direkt und fordert, die Konkurrentin sollte sich an den Wortlaut des Gesetzesprojekts halten:
„Seitdem das Bürgerbegehren, das das Verbot der Tötung von Kindern vorsieht, öffentlich bekannt wurde, vergeht kein Tag, an dem das Projekt und seine Autoren nicht manipuliert und diskriminiert werden. Und in den vergangenen zwei Wochen hat diese Entwicklung sogar noch erheblich an Fahrt aufgekommen. ... Es bleibt nur, all diejenigen, die sich mit diesem Projekt öffentlich beschäftigen, aufzufordern, nicht die Schmierereien aus der Czerska [Straße, wo die Gazeta Wyborcza ihren Sitz hat] zu lesen, sondern den Originaltext. Dann wird klar, dass dieses Projekt gar kein Gebot zur Bestrafung von Müttern vorsieht, die ihre Kinder getötet haben. Und ebenso wenig werden pränatale diagnostische Untersuchungen eingeschränkt oder wird den Frauen aufgezwungen, ihr Leben den ungeborenen Kindern zu opfern.“