Pikantes Dossier über Donald Trump
Das Onlineportal Buzzfeed hat ein Dossier publiziert, dem zufolge Moskau im Besitz kompromittierender Informationen über Donald Trump ist. Sie stammen angeblich von einem britischen Ex-Geheimagenten, wurden aber nicht verifiziert. Das Dossier verdeutlicht den Informationskrieg, der gerade rund um Trumps Präsidentschaft tobt, meinen Kommentatoren und spekulieren über harte Konsequenzen.
Gefühl totaler Orientierungslosigkeit
Mit Blick auf das vom Ex-Geheimdienstler Christopher Steele zusammengestellte Trump-Dossier ist praktisch alles denkbar, meint der Publizist András Dezső auf dem Nachrichtenportal Index:
„Nach jetzigem Stand kann nichts für bare Münze genommen werden. Weder, dass Trump ein Mann der Russen ist, noch, dass die von Steele gesammelten Informationen eine ausgemachte Lüge sind. Praktisch alles ist gegenwärtig vorstellbar. Es muss ein fürchterliches Gefühl für all diejenigen sein, die Aufschluss über die Tatsachen haben wollen. Informationskriege sind aber nun mal so, noch dazu trägt diese Geschichte die Facette eines hybriden Kriegs, bei dem die Geheimdienste die Protagonisten sind. Ja, es ist sogar vorstellbar, dass die Russen auf die Recherchen von Steele Einfluss genommen haben, das heißt, seine Quellen desinformierten, um dann die Arme in den Schoß zu legen und darauf zu warten, dass die Medien anbeißen.“
Amtsenthebung schon jetzt ein Thema
Die Amtseinführung des neuen US-Staatsoberhaupts erfolgt unter sehr kritischen Bedingungen, konstatiert Le Point:
„Noch bevor Trump ins Weiße Haus einzieht, stellt sich die Frage, ob er durch das US-Institutionengefüge des Amts enthoben wird. … Zum ersten Mal seit langem erwähnen Kommentatoren jüngst wieder den 25. Zusatzartikel der Verfassung. Dieser sieht vor, dass im Falle einer Amtsenthebung der Vizepräsident übernimmt. Gewiss ist dies für die nahe Zukunft noch nicht absehbar. Es kommt jedoch äußerst selten vor, dass man von der Amtsenthebung spricht, bevor der Präsident sein Amt überhaupt angetreten hat. Und noch nie hat es einen US-Präsidenten gegeben, der verdächtigt wurde, mit dem Feind unter einer Decke zu stecken.“
Seriöser Journalismus sieht anders aus
Wenn Medien, wie in diesem Fall Buzzfeed, ungeprüfte Vorwürfe in allen Details veröffentlichen, kommen sie ihrem Informationsauftrag nicht nach, kritisiert Kolumnist Will Gore in The Independent:
„Es wird argumentiert, dass eine umfassende Veröffentlichung ungeprüfter Informationen durch andere der Transparenz dient. Doch es fällt mir schwer, das nicht als eine Form der Ausrede zu sehen - und vielleicht auch als überhastete Reaktion auf die oberflächlichen Angriffe der Alt-Right-Bewegung und anderer, die furchtbar darüber klagen, wie unseriös die Medien seien. Natürlich geht es beim Journalismus um das Berichten von Information. Doch es geht ebenso um Analyse, Auswertung und darum, zu entscheiden, wie viele Details der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten. Andernfalls könnten wir gleich Wikileaks das Feld überlassen - und das wäre doch Wahnsinn.“
Opfer seiner eigenen Methoden
Dieser Fall zeigt, wie groß die Bedeutung digitaler Halbwahrheiten für die Politik ist, warnt die liberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza:
„Die Post-Wahrheit, die von den sozialen Medien und Portalen und manchmal sogar von Trump und seinem Stab selbst verbreitet worden ist, hat ihm geholfen, die Präsidentschaft zu erringen. Jetzt ist er Opfer der Waffe geworden, die er selbst so gern benutzt hat. ... Leider weist nichts darauf hin, dass Trump daraus irgendwelche Lehren zieht, die Post-Wahrheit endlich als zweischneidiges Schwert ansieht und darauf verzichtet, sie gegenüber seinen Gegnern anzuwenden. Buzzfeed ist nur eine weitere Episode im Informationskrieg, der in der digitalen Welt immer größere Ausmaße annimmt.“
Aggressivität soll etwas verschleiern
Mit der Reaktion des neuen US-Präsidenten auf die Buzzfeed-Veröffentlichung bei seiner Pressekonferenz am Mittwoch beschäftigt sich Público:
„Trump hat genau dieselbe Arroganz und Aggressivität offenbart, die ihn ins Weiße Haus gebracht haben. Es war ein beängstigendes Spektakel aus einem demokratischen Land, das zufällig das mächtigste Land der Welt ist. Wenn es sich um die neue Folge einer Dramaserie gehandelt hätte, hätte man diese als exzessiv bezeichnen können. Aber nein, es ist die neue Realität, an die wir uns gewöhnen müssen. ... Was wirklich gefährlich scheint, ist der Grad der Instabilität, die der gewählte Präsident offenbart. Der von Trump angeschlagene Ton war beunruhigend und die Arroganz hat vor allem dazu gedient, seine Unsicherheit und Oberflächlichkeit zu maskieren. ... Wir warten auf die nächsten Kapitel, in der Hoffnung, dass der Drehbuchautor es nicht übertreibt - zum Wohle der globalen Stabilität.“
Wie im Agenten-Thriller
Der Report verrät viel darüber, mit welchen Methoden Geheimdienste und Spitzenpolitik arbeiten, findet Postimees:
„In dem offiziellen Geheimdienstreport, der Präsident Barack Obama und dem künftigen Präsident Donald Trump präsentiert wurde, gab es laut Aussagen der US-Beamten (gegenüber Newsweek und Reuters) auch die bis jetzt unbewiesene Behauptung, dass russische Geheimdienste kompromittierende Informationen über Donald Trump haben. Der 35-seitige Report muss als das betrachtet werden, was er ist: Wir wissen nicht ohne zusätzliche Beweise, welche der Aussagen wahr sind und welche nicht. Der Bericht gibt der Öffentlichkeit aber einen spannenden Einblick darin, mit welchen Materialien in der Spitzenpolitik und der Geheimdienstwelt operiert wird.“