Ist das World Press Photo Propaganda für Terror?
Das Foto des türkischen Polizisten, der den russischen Botschafter in Ankara ermordet hat, ist das Pressefoto des Jahres. Der türkische Fotograf Burhan Özbilici von der Nachrichtenagentur AP wird mit dem renommierten Preis ausgezeichnet. Einige Medien kritisieren, das Bild heroisiere Terrorismus und sei deshalb eine geschmacklose Wahl. Andere sehen in dem Foto des Attentäters genau das Gegenteil von Propaganda.
Gefährliche Heroisierung des Mörders
Pohjalainen kann die Wahl der Jury absolut nicht nachvollziehen:
„Auf dem Foto hat der Schütze die Pistole noch in der Hand und er zeigt mit dem Finger gen Himmel. Neben dem Schützen liegt leblos der Botschafter. Das Foto, das den World Press Photo-Wettbewerb gewonnen hat, ist abstoßend und über die Kür zum besten Pressefoto des Jahres kann man sich nur wundern. Natürlich ist das Foto ein Dokument dieser Zeit, in der Terrorismus und Anschläge von radikalen Gruppen alltäglich geworden sind. Das Bild ist im Internet millionenfach angesehen worden. Wir sehen hier einen fanatischen Terroristen und ein hilfloses Opfer, aber jemand anderes sieht hier einen Helden.“
Selbstverherrlichung des Attentäters entlarvt
Für La Repubblica ist das Bild keine Propaganda für Terroristen, deckt es doch die Verherrlichung von Gewalt auf:
„In der Pose des Attentäters haben viele noch etwas anderes gesehen: Glamour, das Echo der Filmstars (von John Travolta in Saturday Night Fever über Men in Black bis hin zu Pulp Fiction), das im Zusammenhang mit einer Tragödie unzumutbar ist. ... Die Szene ist tatsächlich von einer so unwirklichen Reinheit, dass, wenn wir nicht wüssten, dass dort am Boden der Körper eines Ermordeten liegt, wir sie für eine künstlerische Performance halten würden. ... Aber ist dieses Attentat nicht genau das gewesen, eine Zurschaustellung von Gewalt? Der Polizist wählte für sein Attentat einen Ort, der sich für eben diese Schau eignete und Medienwirksamkeit versprach: die Eröffnung einer Ausstellung - und zwar einer Fotoausstellung - in Ankara. Die Fotografie von Özbilici erfindet nicht die Glamourisierung der Terrorgewalt, sondern denunziert und entlarvt sie als solche.“