Bleibt Zypern auf ewig geteilt?
Die Verhandlungen über eine Wiedervereinigung Zyperns sind nach zwei Jahren erneut gescheitert. Zuvor hatten die Gespräche als erfolgversprechendster Versuch gegolten, die Teilung der Insel zu beenden. Entsprechend groß ist nach dem Aus die Ernüchterung in der Presse der betroffenen Länder.
Sieg für Ankara
Nach dem Scheitern der Gespräche steht Ankara klar als Gewinner da, kommentiert die die zyperngriechische Tageszeitung Politis:
„Wenn wir nach den sichtbaren und unsichtbaren Aspekten suchen, die in diese Sackgasse geführt haben, werden wir erkennen, dass die Entwicklungen der Türkei zugutekommen. Die Türkei bleibt als Besatzungsmacht auf Zypern und bewahrt ihre einseitigen Eingriffsrechte. Und die Verlierer sind natürlich Zyperntürken und Zyperngriechen. Denn diese Realität schafft neue Fakten. Auf europäischer und internationaler Ebene wird die Wahrnehmung zementiert, dass das Zypernproblem nicht lösbar ist.“
EU muss ihren Fehler ausbügeln
Die türkische Tageszeitung Hürriyet sieht die Schuld für das Scheitern der Gespräche bei den Zyperngriechen:
„Die Zyperngriechen haben eine Übereinkunft auf Zypern verhindert. Nun, da die Hoffnung für die Zyperntürken gestorben ist, jemals Teil der EU zu werden, besteht keine Motivation mehr, das Problem zu lösen. Die Griechische Republik Südzypern hat in aller Offenheit gezeigt, dass sie sich niemals auf ein Föderationsmodell auf der Insel einlassen wird. Gibt es denn nichts, was die mächtige EU in dieser Situation tun kann? Da die Verhandlungen nun gescheitert sind und die Griechische Republik Südzypern dafür verantwortlich ist, ist es an der Zeit, dass die EU ihren Fehler von 2004, dieses halbe Land als Mitglied aufgenommen zu haben, wiedergutmacht.“
Einigung in weite Ferne gerückt
In naher Zukunft wird es keine Einigung für Zypern geben, fürchtet The Economist:
„Bei den Gesprächen zur Wiedervereinigung war man letzte Woche einem Erfolg näher gekommen als je zuvor. ... Nach dem Scheitern der Gespräche zeigten sich Politiker und Diplomaten dann zuversichtlich, dass diese nach einer gewissen Bedenkzeit wieder aufgenommen werden könnten. Aber dass dies bald geschieht, ist unwahrscheinlich. Zypern steht nicht an der Spitze der Tagesordnung der Vereinten Nationen, deren Beteiligung sich bislang als teuer und ergebnislos erwiesen hat. Und auch, wenn man angesichts von jahrzehntelangen Verhandlungen einen anderen Eindruck gewinnen konnte, ist klar: Die Verhandlungen können nicht ewig weitergehen. Junge Zyprioten, die lange nach der faktischen Teilung der Insel geboren wurden, sind immer weniger an einer Wiedervereinigung interessiert.“
Der nächste Konflikt wartet schon
Auch Cyprus Mail zeigt sich nach dem Scheitern der Gespräche pessimistisch:
„Die Europäische Kommission hat nicht aufgegeben. Einer ihrer Sprecher betonte die feste Absicht, 'beide Seiten zu unterstützen, um in Zukunft eine realisierbare Lösung zu erreichen'. In welcher Ferne diese Zukunft liegt, weiß niemand. In unmittelbarer Zukunft wird sich jedoch einiges ereignen, das sich als entscheidend erweisen könnte. Noch für diesen Monat wird erwartet, dass der französische Ölriese Total Bohrungen in Block 11 [im Meer vor Zypern] beginnt. Die Türkei hat sich wiederholt gegen die Bohrungen ausgesprochen und die Regierung Zyperns gewarnt, dass sie Maßnahmen ergreifen werde. … Wann und wie die Türkei reagieren wird, weiß niemand.“