STX-Werft: Macrons Alleingang schafft Ärger
Im Streit um den Verkauf der Werft STX France in Nantes wollen Paris und Rom bis Ende September eine Einigung erreichen. Frankreichs Präsident Macron hatte die Werft vergangene Woche vorübergehend verstaatlicht, um eine Mehrheitsbeteiligung italienischer Unternehmen zu verhindern. Mittlerweile soll Paris sich nicht mehr gegen die neue Eigentumsstruktur sperren. Für Kommentatoren wurde dennoch viel Porzellan zerschlagen.
Ein politischer Alchemist
De Volkskrant betont, dass die Verstaatlichung der Werft für einen eigentlich neoliberalen Politiker ein überraschender Zug ist und sieht den Präsidenten als 'angelsächsischen Liberalen im Mantel von Karl Marx':
„Macron lässt sich nicht so leicht in eine Schublade stecken. Ideologisch gesehen ist er zurzeit einer der interessantesten und spannendsten Führer in Europa. Er verbindet die französische colbertistische Tradition der Staatseinmischung mit der Einsicht, dass neoliberale Marktreformen nötig sind. Aber er vergisst dabei auch nicht das populistische Bedürfnis, Bürger vor den Folgen der Globalisierung und internationalem Wettbewerb zu schützen. Die Zukunft wird zeigen, was diese ideologische Alchemie bringen wird.“
Nationaler Starrsinn führt nicht weiter
Auf eine Deeskalation des Streits hofft La Repubblica:
„Sollte der französische Vorschlag überzeugend sein, wäre Italien gut beraten, ihm zuzustimmen. ... Es erscheint weise, die Sache STX nicht zu einer Angelegenheit nationalen Starrsinns zu machen - wie leider Frankreich es getan zu haben scheint - und nicht den Forderungen lauter frisch gebackener Experten internationaler Politik Folge zu leisten, die auch in den sozialen Netzwerken zu blutigen Vergeltungsschlägen gegen die Ohrfeige Frankreichs aufrufen. Doch muss man realistisch sein und sich fragen, welche Chancen eine Zusammenarbeit, auch auf militärischer Ebene, mit einem Partner hat, der in den vergangenen Wochen eine gewisse Neigung zur Hegemonie an den Tag gelegt hat.“
Unangemessener Patriotismus
Italien ist ein Partner für Frankreich, ruft Ouest France in Erinnerung und wünscht sich ein faireres Verhalten von der Regierung in Paris:
„Von äußeren Bedrohungen zu sprechen, die auf Frankreich lasten, ohne auch nur mit einem Wort zu erwähnen, was der französische Kapitalismus im Ausland macht, bedeutet, die Augen vor den Tatsachen zu verschließen. Paris hat in Italien eine wahrliche Shoppingtour gemacht, verhält sich aber ganz patriotisch, wenn ein italienischer Investor - noch dazu europäischer Marktführer - rechtmäßig seine Position als Anteilseigner ausbaut. ... Einzutreten für einen Neustart Europas, das übrigens nicht nur auf der Achse mit Berlin beruhen darf, ist eine Sache. Eine andere Sache ist es, den Wirtschaftspatriotismus anzuheizen. Italien ist ein wichtiger Partner.“