Trump setzt Steuerreform durch
Die am Mittwoch beschlossene große Steuerreform von US-Präsident Trump hat in den Medien viel Kritik erfahren. Sie sei vor allem eine Reform zugunsten von reichen Unternehmern. Journalisten sind uneins, ob auch andere Teile der Gesellschaft profitieren werden.
Befangene Medien reden gute Reform schlecht
Die Reform hat bei vielen Bürgern zu Unrecht einen schlechten Ruf, ist National Review überzeugt:
„Dass die Reform [in Umfragen] bei der Bevölkerung auf derart heftige Ablehnung stößt, liegt sicher auch daran, dass von befangenen Medien ständig falsche Informationen über den Inhalt des Gesetzes verbreitet werden. Ein Kommentar der New York Times bezeichnete die Reform als 'riesiges Geldgeschenk für Amerikas Unternehmertum'. Dabei wurde geflissentlich darüber hinweggesehen, dass die Reform die Steuerlast für unglaubliche 80,4 Prozent der US-Bürger verringert. Das ergab eine Berechnung des linkslastigen Tax Policy Center. ... Die Reform ist sicher nicht perfekt. Doch in vielerlei Hinsicht wird sie die persönliche Situation der meisten Menschen vermutlich verbessern. Wenn man den US-Medien zuhört, darf man sich aber nicht wundern, dass die Amerikaner das nicht glauben.“
Historischer Impuls für US-Wirtschaft
Dass Trump derart umfangreiche Steuererleichterungen für Unternehmen durchsetzen konnte, imponiert The Times:
„Der bisherige US-Unternehmenssteuersatz von 35 Prozent ist ein Relikt aus der letzten Phase des Kalten Krieges. Keine der früheren US-Regierungen war imstande, ihn zu senken, obwohl parteiübergreifend Einigkeit herrschte, dass dies nötig wäre. Schuld waren der schiere Umfang des komplexen US-Steuersystems und die Annahme, dass dieses entweder ganz oder gar nicht reformiert werden könne. Donald Trump hat diese Annahme widerlegt. Der neue Steuersatz von 21 Prozent ist zwar höher als von ihm erhofft, sollte sich aber dennoch als kraftvoller Anreiz für US-Unternehmen erweisen, die rund 2.6 Billionen US-Dollar in die USA zurückzuführen, die derzeit in Ländern mit niedrigeren Steuersätzen geparkt sind.“
Republikaner werden Reform noch bereuen
Den US-Republikanern droht nach ihrer Freude über die Steuerreform ein böses Erwachen, glaubt Der Standard:
„Die Menschen wissen, dass die Senkung ihrer Steuern in acht Jahren ausläuft, weil das Gesetz sonst nicht ohne Mithilfe der Demokraten hätte beschlossen werden können, während die viel großzügigeren Erleichterungen für Unternehmen erhalten bleiben. Und am meisten profitieren Immobilienunternehmer wie die Trump-Familie. Das Gesetz mit all seinen Ausnahmen für Interessengruppen ist ein gefundenes Fressen für Wahlkampf-Werbespots. Die Chancen, dass die Demokraten 2018 die Mehrheit im Kongress zurückerobern können, stehen nun besser denn je - es sei denn, die Konjunktur springt wirklich so stark an, wie Trump es verspricht. Doch das glaubt kaum ein Ökonom.“
Taktischer Volltrottel
Trump sollte sich besser nicht mit Reagan vergleichen, empfiehlt die taz:
„Wahr ist: Auch Reagan hat die Reichen entlastet und riesige Defizite im Staatshaushalt verursacht. Trotzdem hinkt der Vergleich, wie Trump bei den nächsten Wahlen leidvoll erfahren dürfte. ... Trump verkennt die Gefahr, weil er nicht versteht, warum Reagan zum Mythos wurde: Dieser hatte damals schlicht das Glück, sein Amt während einer Wirtschaftskrise anzutreten. Mit der Konjunktur konnte es nur aufwärtsgehen - und hinterher glaubten viele Wähler irrtümlich, Reagans Steuerreformen wären die Rettung gewesen. Bei Trump ist es genau andersherum: Seine Präsidentschaft begann im Boom. Es kann nicht mehr aufwärtsgehen. Stattdessen ist ein Abschwung wahrscheinlich. Die Chancen stehen daher bestens, dass Trump Gerechtigkeit widerfährt - und er als taktischer Volltrottel in die Geschichte eingeht.“
An den Problemen vorbei
Wie Trumps Steuerreform die USA voranbringen soll, bleibt für Le Monde schleierhaft:
„Die meisten Ökonomen glauben, dass dieser Stimulus nur begrenzte Auswirkungen auf Wachstum und Investitionen haben wird, weil die Unternehmensgewinne bereits ihren Höhepunkt erreicht haben. Sollte das Wachstum nicht weiter zulegen, droht das Haushaltsdefizit zu wachsen. ... Diese Steuerreform packt keines der Probleme an, mit denen die USA derzeit konfrontiert sind: die größer werdende Einkommenskluft, der schwache Produktivitätszuwachs, der Verfall des Bildungssystems im Primar- und Sekundarbereich, der himmelschreiende Mangel an staatlichen Infrastrukturinvestitionen, und so weiter...“
Den einfachen Leuten bleiben nur Krümel
Gerade Trumps Wählerbasis wird wenig von der Steuerreform haben, gibt Helsingin Sanomat zu bedenken:
„Die Wohlhabenden unter Trumps Wählern haben Grund zur Freude. ... Dagegen bekommt die weiße Arbeiterschicht, die die Präsidentschaftswahl entschieden hat, nur Krümel ab. Die Steuererleichterungen für Lohnempfänger fallen viel geringer aus als für Unternehmen. Außerdem sind sie zeitlich befristet. ... Bleibt abzuwarten, ob sich Trumps Unterstützer betrogen fühlen oder nicht. Trump hatte versprochen, den 'Sumpf auszutrocknen', also die Elite in Washington zu bestrafen und das vergessene Volk zu verteidigen. Diese Steuerreform tut das nicht.“