EU plant Steuer für Internetriesen
Über eine Digitalsteuer will die EU Internetkonzerne zu Steuerzahlungen zwingen, die zwar ihren Sitz nicht in der EU haben, hier aber hohe Gewinne erzielen. Geplant ist zunächst eine Steuer von drei Prozent auf bestimmte Umsätze besonders großer Unternehmen. Langfristig soll das Steuerrecht so geändert werden, dass auch eine signifikante digitale Präsenz zu Zahlungen verpflichtet. Ein sinnvoller Vorschlag?
Fünf Gründe für die Digitalsteuer
Die Digitalsteuer wird kommen, ist sich Die Presse sicher, und nennt fünf Gründe:
„Erstens: Der Brexit schmälert das EU-Budget und befördert die Suche nach alternativen Geldquellen. Zweitens: Multinationale Konzerne stehen wegen ihrer Steuervermeidungstricks am Pranger. Drittens: Der Skandal rund um den Missbrauch von Facebook-Kundendaten wirkt wie ein Weckruf. Viertens: Die EU hat bei der Regulierung der Internetkonzerne die Vorreiterrolle übernommen. Und fünftens: Ebendiese Konzerne könnten im sich anbahnenden Handelskrieg EU-USA zwischen die Fronten geraten. Denn warum sollen US-Konzerne von europäischen Steuerbehörden weiterhin geschont werden, wenn Donald Trump Importe aus Europa mit Strafzöllen belegt?“
Eine echte Chance
Die EU muss jetzt alles dafür tun, den Widerstand einzelner Mitgliedsstaaten zu überwinden, drängt El Mundo:
„Die Initiative der EU-Kommission birgt die Chance, die Union einen bedeutenden Schritt nach vorn zu bringen. ... Allerdings wird der Weg dahin nicht leicht, weil es der Zustimmung der 28 Mitglieder bedarf - darunter Staaten wie Irland, die Niederlande und Luxemburg, die vom aktuellen Rechtschaos profitieren. Und doch ist es dies der einzig gangbare Weg für Europa, wenn es die erstrebenswerte Fiskalunion erreichen will.“
Populistisch und kontraproduktiv
Die Neue Zürcher Zeitung hingegen hält die geplante Steuer für populistisch und potentiell kontraproduktiv:
„Die Interimslösung mag im Interesse grosser Staaten liegen, die wegen ihrer hohen Steuern als Standort mobiler Unternehmen wenig attraktiv sind, aber den Firmen hohe Umsätze bescheren. Es ist wohl kaum Zufall, dass ausgerechnet die EU-Schwergewichte Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Grossbritannien die Vorschläge in einer gemeinsamen Erklärung umgehend begrüsst haben. ... Doch selbst für grosse Staaten könnte sich die Sache als Bumerang erweisen. Weil viele betroffene Konzerne aus den USA stammen, wird der Vorstoss das bereits durch den Streit um die Stahlzölle belastete transatlantische Verhältnis kaum verbessern. Und wie reagiert Berlin, wenn Staaten wie China den Ball aufnehmen und lokale Umsätze deutscher Autohersteller besteuern wollen?“
Gleiche Regeln für alle schaffen
Und für Postimees ist die Idee zwar richtig, geht aber nicht weit genug:
„Die Entwicklung der digitalen Welt verläuft so schnell, dass ihr die Gesetzgeber hinterherhinken. ... Firmen wie Facebook und Google haben alles getan, um Steuern zu vermeiden. Dafür haben sie dunkle Finanzschemen entwickelt und Gelder über europäische Tochterfirmen und karibische Steuerparadiese generiert. ... Die neue Digitalsteuer soll der EU etwa fünf Milliarden Euro jährlich einbringen. Das alles ist begrüßenswert, aber das eigentliche Zukunftsziel müsste doch sein, gleiche Bedingungen für alle Unternehmen zu schaffen. ... Globale Unternehmen müssen heute anderswo keine Mehrwertsteuer zahlen, im Unterschied zu lokalen Unternehmen. Ein klarer Vorteil, den sie missbrauchen.“