EU vereinbart Freihandel mit Japan
Die EU hat ihr bislang größtes Freihandelsabkommen unterzeichnet - mit Japan. Der seit 2013 vorbereitete und von der Öffentlichkeit Jefta genannte Vertrag soll kommendes Jahr in Kraft treten und 99 Prozent aller Zölle zwischen beiden Wirtschaftsräumen beseitigen. Hat die EU nichts aus dem Unmut über Ceta gelernt oder tut sie gut daran, neue Partner zu suchen?
Wasser auf die Mühlen der EU-Kritiker
Angesichts des dezidierten Widerstands gegen Ceta beäugt Mediapart den Abschluss des Freihandelsabkommens mit Japan skeptisch:
„Die italienische Regierung hat am 13. Juli bestätigt, dass sie sich weigern wird, das Ceta-Abkommen zu unterzeichnen. Die Regierung Österreichs beteuert, dass sie dieses nicht unterschreiben wird, solange der Europäische Gerichtshof nicht entschieden hat, ob Schiedsgerichte mit EU-Recht vereinbar sind. Ist es in dieser Lage von der EU-Kommission geschickt, ein Abkommen mit Japan zu unterzeichnen, das in vielen Punkten die Makel des Vertrags mit Kanada wiederholt? Es sind nämlich genau diese EU-Verantwortlichen, die dann über die EU-feindliche Stimmung klagen und die öffentliche Meinung auffordern werden, gegen den Populismus anzukämpfen.“
Prioritäten ändern sich schnell
Es ist logisch, dass die EU nach neuen Partnern Ausschau hält, meint Kaleva:
„Früher standen sowohl für die EU als auch für Japan die Handelsbeziehungen mit den USA an erster Stelle. Aber die Zeiten haben sich geändert. Wirtschaftliche Interessen sind ein effizienter Ratgeber, der die Prioritäten schnell neu sortiert. Es ist nur natürlich, dass die EU ihre Partnerschaften mit Ländern stärkt, die an den Freihandel glauben. ... Es ist sinnvoll, dass EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker das Freihandelsabkommen mit Japan im Gepäck hat, wenn er nächste Woche über die angeschlagenen Handelsbeziehungen der EU mit den USA verhandelt.“
Der Hype ist übertrieben
Dass Freihandel zwangsläufig zu Wachstum und Wohlstand führt, ist gar nicht ausgemacht, gibt EU-Korrespondent Eric Bonse auf seinem Blog Lost in Europe zu bedenken:
„Durch das neue … Freihandelsabkommen … will sich die EU die Führungsrolle im Welthandel sichern. ... Allerdings hat die Sache einen Haken. Niemand kann sagen, ob Jefta Europa wirtschaftliche Vorteile bringt - oder ob die Nachteile überwiegen. ... In einer 2017 veröffentlichten Studie heißt es, die Liberalisierung könne zu Wohlstandsverlusten in Japan, aber auch in Großbritannien, Griechenland oder Bulgarien führen. Selbst in einem optimistischen Szenario, in dem Japan und Deutschland zu den größten Gewinnern zählen, beläuft sich der durchschnittliche Wachstumszuwachs auf kaum meßbare 0,06 Prozent des BIP. Offensichtlich ist der Hype um den Freihandel ein klein wenig übertrieben.“
Nur keine Panik
In der Diskussion um verschiedene Freihandelsabkommen der EU gilt es, kühlen Kopf zu bewahren, fordert Der Standard:
„Die vielen Geschichten über mögliche Folgen ... - Achtung, Chlorhühner! - haben das Interesse der Bürger für handelspolitische Fragen geweckt. Seitdem wird hitzig diskutiert. ... Diese Entwicklung ist erfreulich. Zu lange wurden Handelsvereinbarungen in Hinterzimmern besiegelt und dann vor der Beschlussfassung auch nicht mehr groß debattiert. Das hat sich grundlegend geändert. Die Kehrseite dabei ist, dass auf beiden Seiten mit Übertreibungen gearbeitet wird. Befürworter wie Gegner der Pakte dramatisieren mögliche Folgen, was der Qualität der Diskussion nicht guttut.“