Setzen neue US-Sanktionen Putin unter Druck?
Wegen des Giftanschlags auf den russischen Doppelagenten Skripal und seine Tochter in Großbritannien hat das US-Außenministerium neue Sanktionen gegen Russland verhängt. Während einige Kommentatoren glauben, dass Trumps unberechenbare Russlandpolitik Putin nicht einschüchtern kann, sehen andere Probleme auf den russischen Präsidenten zukommen.
Strategie ähnelt Kindergekritzel
Die Tageszeitung Die Presse vermisst eine klare Linie in Trumps Russland-Politik:
„Es gibt gute Gründe, Putin Grenzen aufzuzeigen. Wer fremdes Territorium annektiert und Völkerrecht verletzt, muss mit Konsequenzen rechnen. Auch wer sich dabei erwischen lässt, wie er Gegner vergiftet oder gezielt mit Troll-Lügen Wahlen in westlichen Demokratien beeinflusst. ... Eine Linie ist in Trumps Russland-Politik nicht zu erkennen, eher ein fahriges Kindergekritzel mit vielen wirren Linien. In Helsinki hat er sich Putin noch auf verstörend peinliche Weise angebiedert. Dreieinhalb Wochen später nickt Trump einen unfundierten Sanktionsautomatismus ab. Erklärungen, wonach der US-Präsident bloß davon ablenken wolle, dass die Russen ihn im Wahlkampf unterstützt hätten, greifen zu kurz. Der Mann hat den Laden in Washington einfach nicht im Griff.“
Das Zuckerbrot nicht vergessen
Die USA sollten klar definieren, welche Auflagen Moskau erfüllen muss, damit die Sanktionen zurückgenommen werden, rät Financial Times:
„Die Sanktionen sollten auch eine gewisse Sicherheit bieten, dass diese aufgehoben werden, wenn Moskau seinen Kurs ändert. Die ursprünglichen, wegen Russlands Intervention in der Ukraine verhängten Sanktionen wurden gesetzlich verankert. Hinterher wurden weitere Maßnahmen hinzugefügt. Damit riskiert der Kongress, dass der Kreml zu dem Schluss kommt, dass es nie die Absicht gab, die Sanktionen irgendwann wieder aufzuheben, sondern dass Russland unter konstanten Druck gesetzt werden soll. Moskau könnte es dann als sinnlos erachten, Auflagen zu erfüllen und seine Bemühungen, den Westen zu untergraben, noch verstärken.“
Sanktionseifer im Wahlkampf
Ende Juni hatte bereits der US-Senat neue Russland-Sanktionen wegen des Kriegs in der Ukraine beschlossen. Nun zieht Trump mit seinen Sanktionen nach, meint Vedomosti und sieht die Zwischenwahlen im November als Grund dafür:
„Dabei könnten die Republikaner (und damit Trump) die Mehrheit verlieren. Das Projekt der Senatoren ist schärfer, Geschäfte mit russischen Staatsanleihen werden beschränkt, russischen Staatsbanken Operationen mit Dollar verboten und Russland als Terrorismus-Sponsor verurteilt. Die vom Außenministerium angekündigten Sanktionen verbieten in der ersten Stufe nur den Export von militärisch nutzbarer Elektronik. ... Trumps Sanktionen sehen aus wie der Versuch, dem Kongress die Initiative aus der Hand zu nehmen und das Sanktionsprojekt der Senatoren aus dem Rennen zu schlagen.“
Nur Probleme für Putin
Die US-Sanktionen kommen für Putin zu einem ungünstigen Zeitpunkt, denn just im gleichen Moment gerät er auch innenpolitisch unter Druck, beobachtet Rzeczpospolita:
„Die amerikanischen Sanktionen gegen Russland werden von dem Versuch in Russland begleitet, ein Referendum über das Gesetz zur Anhebung des Rentenalters durchzuführen. ... Beide Aktionen - die von Washington und die von den Russen selbst - fallen zufällig zeitlich zusammen. Jede für sich genommen würde schon ein Problem für die Regierenden in Moskau darstellen, zusammen sind sie ein Problem im Quadrat.“