Referendum: Wird Homo-Ehe in Rumänien unmöglich?
Die Rumänen stimmen am Wochenende darüber ab, ob die Ehe in der Verfassung als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert werden soll - womit die gleichgeschlechtliche Ehe faktisch unmöglich gemacht würde. Initiiert hatte die Abstimmung eine Kirchenorganisation. Einige Kommentatoren betrachten das Referendum als Ausdruck rumänischer Souveränität, während es für andere die Gesellschaft weiter spaltet.
Hier hält sich die EU zum Glück raus
Die Abstimmung sollte nicht als Votum gegen die EU betrachtet werden, meint Journalist Cătălin Sturza in România Liberă, einer Tageszeitung, die seit Tagen dazu aufruft, beim Referendum mit Ja zu stimmen:
„Die Volksabstimmung findet statt, eben weil innerhalb der EU die Familienrechte in die Kompetenz der Mitgliedsstaaten fallen. Es ist ein Akt von Souveränität und Unabhängigkeit. Niemals wurde ein EU-Mitgliedsstaat darüber zur Verantwortung gezogen, wie er im Hinblick auf die Familienrechte, im Hinblick auf die Ehe entscheidet. Ist dieses Referendum eine Initiative, um die Euroskepsis in Rumänien zu vertiefen? Nein - im Gegenteil. Die Rumänen erfahren mit dieser Debatte, dass die EU keine tyrannische Struktur ist, die ihnen ihre Werte vorschreibt, sondern dass sie eine Struktur ist, in der man in Schlüsselbereichen seine Identität behalten kann.“
Unverantwortliches Spiel mit Stimmungen
Mit diesem Referendum wird die Spaltung der Gesellschaft weiter vorangetrieben, zeigt sich der Philologe Liviu Papadima auf dem Onlineportal Contributors besorgt:
„Allein durch die Reduktion der Abstimmung auf 'Ja' oder 'Nein' verwandelt das Referendum ein sensibles und vielschichtiges Problem in eine Konfrontation zwischen zwei 'Lagern': in Pro und Contra LGBT-Gemeinschaft. Das ist genau das, was unsere Politiker seit zwei Jahren ununterbrochen tun: sie spalten die rumänische Gesellschaft. ... Der Fakt, dass es dieses Referendum geschafft hat, Religion und Sexualität einander gegenüber zu stellen, statt sie - wie der Philosoph Karl Popper empfiehlt - behutsam zu behandeln, erfüllt mich mit Entsetzen. Jubeln wir, wenn die Religion den Kampf mit der Sexualität gewonnen hat? Oder umgekehrt? Das ist ein unverantwortliches Spiel, an dem ich mich nicht beteiligen will.“
Kirchen haben dem Standesamt nichts vorzuschreiben
Zum Boykott des Referendums ruft der Publizist und Philosoph Andrei Cornea in Revista 22 auf:
„Siegt das Referendum, wäre das eine ausgeprägte symbolische Schwächung des säkularen Charakters des Staates, da die Kirchen und vor allem die rumänisch-orthodoxe Kirche direkt und indirekt die neue Definition der Familie unterstützen und eine konservative Mehrheit ihnen folgt. … Ich verlange den Kirchen jeglichen Glaubens nicht ab, gleichgeschlechtliche Paare zu trauen. Aber ich bin dagegen, dass selbige Kirchen irgendeinen Anspruch erheben und durchsetzen, dass der Staat standesamtliche Trauungen nicht vollzieht, weil sie gegen die 'christliche Moral' sind.“
Die Trauung als heiliges Mysterium bewahren
Den Aufrufen zum Boykott sollte nicht gefolgt werden, meint hingegen Kulturjournalist Cătălin Sturza in seinem Blog auf dem Portal Adevărul:
„Warum begreifen die Unterstützer eines Boykotts nicht, dass bei dieser Initiative die laizistische Definition der Ehe als Vereinigung zwischen Mann und Frau auf dem Spiel steht und parallel dazu unser aller Freiheit, die Trauung als heiliges Mysterium zu wahren und zu schützen? Es gilt, anders gesagt, zu vermeiden, dass in einigen Jahren die Kirche in die Lage kommt, 'Trauungen' vollziehen zu müssen, die sich gegen ihre Sittendoktrin richten. … Diese Bürgerinitiative zu boykottieren heißt eigentlich, gleichgeschlechtliche Ehen in Rumänien zu unterstützen.“