EU kritisiert rumänische Justizreform
Der Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans hat die rumänische Regierung erneut aufgefordert, von der geplanten Justizreform Abstand zu nehmen. Die Kommission sieht die Unabhängigkeit der Richter gefährdet und fürchtet um die Gewaltenteilung im Land. Premierministerin Viorica Dancila wies die Vorwürfe zurück. Was hat Rumänien nun zu befürchten?
Nun folgen Sanktionen
Rumänien wird bald im Fadenkreuz des EU-Parlaments stehen, prognostiziert Adevărul:
„Rumänien könnte demnächst von Sanktionen getroffen werden, die letztlich den Sanktionsverfahren gegen Ungarn und Polen ähneln. Sie könnten allerdings deutlich schneller umgesetzt werden, da wir gemeinsam mit Bulgarien einen Sonderstatus haben: den eines EU-Mitglieds, dessen Beitritt an den Fortschrittsbericht gekoppelt ist. Genau deshalb hat Vizekommissionschef Timmermans bei der Debatte so auf die außergewöhnliche Bedeutung des Berichts bestanden. ... Und schon sind wir beim Kern der Sache: Am 1. November wird das EU-Parlament über eine gemeinsame Resolution aller Fraktionen abstimmen. Wenn man die ultrakritische Position verfolgt hat, die es im Parlament zur rumänischen PSD-ALDE-Regierung gibt, dann können wir uns denken, was uns erwartet.“
Nur brave Osteuropäer sind der EU genehm
Was Ungarn, Polen und nun auch Rumänien aus der Sicht Brüssels gemeinsam haben, erklärt Krónika, die Zeitung der ungarischen Minderheit in Rumänien, sarkastisch:
„All diese Länder gehörten ehemals zum sozialistischen Ostblock. ... Sie sind die neuen Akteure in der EU, die mit ihren Märkten willkommen sind, aber noch zu grün hinter den Ohren, um auf entscheidende politische Fragen Antworten geben zu können. Osteuropäer. Zweitklassige. Die, die Aufsicht brauchen. Klar, nicht immer. Nur, wenn sie die Richtlinien nicht genau genug befolgen. ... Solange sie ehrfürchtig den von den EU-Institutionen aufgestellten Wegweisern folgen, entwickeln sie sich vorbildlich. Doch wenn sie den Eselsführer aus den Augen verlieren, dann bewegen sie sich rückwärts. Dann gibt es auf einmal Korruption und keinen Rechtsstaat mehr.“
Nicht nur Ungarn und Polen unter die Lupe nehmen
Die Bedrohung durch sogenannte "illiberale Demokratien" beschränkt sich nicht nur auf die Regierungen in Ungarn oder Polen, meint der sozialdemokratische EU-Abgeordnete Paulo Range in Público:
„Die Gefährdung der Prinzipien der Gewaltenteilung, der Unabhängigkeit der Justiz und der Presse- und Meinungsfreiheit ist auch in der Slowakei und Rumänien offenkundig. ... Doch in der europäischen und portugiesischen Presse vernimmt man über den fortschreitenden Demokratieabbau in Rumänien und der Slowakei kaum ein Wort. Während über Orbán und Kaczyński immer wieder kritisch berichtet wird, lässt man die Namen von Liviu Dragnea oder Robert Fico gerne aus. ... Offenbar ist die Rechtsstaatlichkeit in Budapest und Warschau mehr wert als die in Bukarest oder Bratislava. Diese Doppelmoral ist unverständlich und inakzeptabel.“