Iran und der Westen - wer provoziert?
Ein neuer Vorfall im Persischen Golf hat die Spannungen zwischen Iran und dem Westen weiter verschärft. Laut Regierung in London sollen drei iranische Schiffe einen britischen Tanker in der Straße von Hormus bedrängt haben. Teheran bestreitet die Vorwürfe. Während einige Kommentatoren davor warnen, die Lage weiter zuzuspitzen, überlegen andere, ob sich die EU hinter Trump stellen sollte.
Teheran spielt mit dem Feuer
Dass der Iran an der Eskalationsschraube dreht, könnte sich für das Land bitter rächen, warnt The Daily Telegraph:
„Eine kluge Regierung in Teheran hätte angesichts der von US-Präsident Donald Trump neu verhängten Sanktionen mit Zurückhaltung reagiert. ... Doch die politischen Führer des Iran haben sich nicht nur entschieden, dagegenzuhalten. Nein, sie schlagen auf eine Art und Weise zurück, die zwar noch keinen militärischen Angriff bedeutet, aber einen Krieg riskiert. Es braucht nur einen Fehler, eine Annäherung an einen Tanker, die als Auftakt eines Angriffs gewertet wird, und diese Kalkulationen geraten außer Kontrolle. Wenn der Iran eine echte Krise provoziert, werden sich unsere Verbündeten entscheiden müssen. Ist irgendjemand unsicher, auf wessen Seite sich die Europäer schlagen werden? Hoffen wir, dass der Iran das auch richtig einschätzt.“
Bald könnte es richtig knallen
Obwohl weder Teheran noch Washington einen großen Konflikt am Golf wollen, besteht die Gefahr einer Eskalation, erklärt Radio Kommersant FM:
„Was geschehen ist, war im Grunde eine Mutprobe. Ist der US-Präsident zum Krieg bereit oder bleibt es wie üblich bei Worten? Bislang ist, ungeachtet drohender Erklärungen, nichts passiert. ... Weder an den Finanzmärkten noch in den Expertenkreisen glaubt man, dass ein großer Krieg im Persischen Golf real ist. Doch Teheran braucht Anerkennung und eine angemessene Stellung in der Region. Es hat ernsthafte Ambitionen - während man ständig versucht, es auf seinen Platz zu verweisen. Teheran ist unzufrieden. Wenn man hier ständig provoziert, besteht das Risiko, dass es noch richtig knallt. Die Lage ist also durchaus kritisch.“
Wer Frieden will, muss zum Krieg bereit sein
Es ist Zeit, dass auch Europa nun klare Signale an Teheran sendet, meint die Tageszeitung Die Welt:
„Europa sollte sich den US-Sanktionen anschließen und Kriegsschiffe in den Persischen Golf entsenden, um die zivile Schifffahrt vor weiteren iranischen Übergriffen zu schützen. Das vergrößert zwar einerseits das Konfliktpotenzial. Doch die Geschichte zeigt, dass es die Gefahr auch bannen kann. Zweimal sah Teheran sich bereits einer entschlossenen Weltgemeinschaft gegenüber: Während des Tankerkriegs Ende der 80er-Jahre und 2014, als internationale Sanktionen gegen sein Atomprogramm verhängt wurden. Beide Male gab der Iran nach. ... Die alten Römer hatten leider Recht: Wer Frieden will, muss zum Krieg bereit sein. Notfalls sogar an der Seite Trumps.“
Trump nicht blind unterstützen
NRC Handelsblad mahnt hingegen zur Zurückhaltung angesichts der Überlegung der Niederlande, auf Wunsch der USA eine Fregatte in den Persischen Golf zu schicken:
„Es ist problematisch, dass es bisher nur um eine Bitte der Amerikaner geht und nicht der Nato oder des Sicherheitsrates. Zunächst muss es aber Klarheit geben über das Mandat, unter dem die von den USA gewünschte Koalition operieren soll. Komplizierender Faktor ist, dass die Amerikaner das Atom-Abkommen mit dem Iran gekündigt haben, die Europäische Union aber nicht. ... Vor allem angesichts der launischen Außenpolitik des amerikanischen Präsidenten Donald Trump haben die Niederlande ein großes Interesse daran, dass im Vorfeld genaue, auf dem Völkerrecht beruhende Absprachen gemacht werden. Diese Klarheit gibt es jetzt noch nicht.“