Bauernproteste in Berlin und Paris
Tausende Traktoren vor dem Brandenburger Tor am Dienstag, Verkehrschaos und Heu auf den Champs-Elysées am Mittwoch. Doch nicht nur in Deutschland und Frankreich machen Landwirte in diesen Tagen ihrem Unmut Luft. Auch beispielsweise in den Niederlanden und Dänemark protestieren sie gegen neue Umweltauflagen und für eine bessere Entlohnung. Zu Recht?
Besucht doch erstmal einen Bauernhof
In Le Figaro klagt Landwirtin Anne-Cécile Suzanne, dass sie das Agrobashing satt hat:
„Ich denke, dass man auf beiden Seiten versuchen sollte, weniger arrogant zu sein. Die Landwirte in Frankreich werden immer weniger. Da ist es wichtig, den Dialog wieder zu beleben. Jeder muss verstehen, dass Landwirt ein komplexer Beruf ist, der von enormen Vorurteilen belastet ist. Bevor man sich ein Urteil bildet, sollte man auf einen Bauernhof kommen, um zu sehen, was da vor sich geht. Das Thema Bio zum Beispiel. ... Man sagt uns, dass die wenigsten Haushalte es sich leisten können, ausschließlich Bio-Produkte zu kaufen. Wie kommt es dann, dass keiner versteht, dass es für uns auch schwierig ist, unsere Tiere mit Bio-Futter zu ernähren?“
Nicht alle Landwirte stehen hinter Protest
Die Bauern sind mit den falschen Forderungen nach Berlin gezogen, kritisiert die Süddeutsche Zeitung:
„Anstatt mehr Geld für umwelt- und klimafreundliches Wirtschaften auf Äckern, Feldern und in Tierställen zu fordern, beharren sie darauf, dass möglichst alles so bleibt, wie es ist. Nicht sie selbst sehen sich in der Pflicht zu handeln und sich anzupassen, sondern vor allem Politik, Verbraucher und Handel. Nach echter Dialogbereitschaft sieht das nicht aus. ... Vor allem aber entsteht der völlig falsche Eindruck, dass hinter dem Protest alle Bauern stehen. Das ist definitiv nicht der Fall. Viele Landwirte haben die Zeichen der Zeit längst erkannt und passen ihre Produktionsweise an, das gilt nicht nur für Bio-Landwirte, sondern auch für viele konventionelle. Nur wird ihre Stimme in Berlin nicht gehört.“
Geizige Verbraucher tragen Mitschuld
In Dänemark hat die Regierung am Montag Maßnahmen zur Einhaltung der EU-Wasserrahmenrichtlinie vorgestellt, die bei den Landwirten auf Protest stoßen. Der Nordschleswiger zeigt Verständnis:
„[Es] herrscht bei vielen Landwirten bestimmt Bereitschaft, etwas für reines Grundwasser, ökologisch gesunde Auen, Bäche, Förden und Belte mit genug Sauerstoff für Fische, Muscheln und Krebse zu tun. Doch wirtschaftliche Zwänge sind dabei oft ein Bremsklotz. ... Es wird sich herausstellen, ob das Vorhaben in der Praxis umsetzbar ist. Mit Kosten ist es verbunden - und die kann die Landwirtschaft nicht ohne Beteiligung der gesamten Gesellschaft verkraften. Denn die umweltbelastende Intensiv-Agrarproduktion ist ja eine Folge von Discountlebensmittelpreisen und 'knickerigen' Konsumenten, die Mitverantwortung tragen, auch wenn es ihnen nicht klar ist.“