Frankreich verschiebt Digitalsteuer
Frankreich und die USA haben ihren Streit um die Besteuerung von Digitalkonzernen vorerst beigelegt, um einen Handelskonflikt zu vermeiden. Paris will fällige Vorauszahlungen auf seine im Juli 2019 eingeführte nationale Digitalsteuer bis Ende dieses Jahres aussetzen. Die USA verzichten ihrerseits auf Vergeltungszölle auf Produkte wie Wein und Käse. Wird die Steuer nun ein europäisches Projekt?
Sinnvoller Rückzug
Macrons Einlenken ist die richtige Reaktion in einem risikoreichen Konflikt, kommentiert der Paris-Korrespondent des Handelsblatts, Thomas Hanke:
„[D]ie US-Regierung [verhält sich] bei diesem Thema nicht destruktiv. US-Präsident Donald Trump hat die Blockade aufgehoben, die sein Vorgänger Barack Obama bei der Arbeit an einer internationalen Besteuerung digitaler Geschäfte errichtet hatte. Doch Trump will nicht wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl eine neue Abgabe in den Kongress einbringen, die besonders die großen amerikanischen Internetkonzerne belasten würde. … Paris [gibt] nichts aus der Hand. Zeichnet sich nach der US-Wahl noch immer keine internationale Lösung ab, kann Frankreich Ende des Jahres die nationale Digitalsteuer in Kraft setzen. Paris verzichtet nur auf die Vorauszahlung der fälligen Beträge - ein paar Hundert Millionen Euro.“
Nur Wechselgeld im Machtspiel
NRC Handelsblad bescheinigt dem französischen Präsidenten machtpolitisches Talent:
„Macron ist vermutlich nicht unzufrieden. Als er die Steuer ankündigte, steckten dahinter auch innenpolitische Interessen: Sie war eine der Forderungen der Gelbwesten, die wollten, dass das 'Großkapital' stärker besteuert wird. Aber er hatte auch von Anfang an gesagt, dass die Digitalsteuer nicht dauerhaft sein müsse und vom Tisch sei, sobald die OECD einen guten Plan vorlege. Das Streichen der Steuer ist also offenbar nur Wechselgeld, das Macron im harten machtpolitischen Spiel mit Trump relativ schmerzlos einsetzen konnte - ein Spiel, das Macron als einer der wenigen europäischen Führer gut mitspielen kann. Allerdings muss die OECD nun auch liefern. “
Gute Chancen für europäische Lösung
Frankreich will sich nach dem vorläufigen Verzicht auf seine Digitalsteuer stärker um eine internationale Lösung bemühen. Nun wächst die Wahrscheinlichkeit einer europäische Gemeinschaftsinitiative, glaubt das Wirtschaftsblatt Les Echos:
„Irland ist zum europäischen 'Hub' der US-Technologie geworden und wird daher besonders schwer zu überzeugen sein. Der politische Druck könnte das Land jedoch zum Einknicken bewegen - insbesondere im derzeitigen Brexit-Kontext, in dem es viel zu verlieren hat und auf Solidarität unter den 27 pocht. Derartige Wunder hat Brüssel bereits erlebt. Wer hätte sich vorstellen können, dass Brüssel Luxemburg, das seine gesamte Macht aus seinen Finanzinstitutionen schöpft, überzeugen könnte, das Bankgeheimnis aufzugeben? ... Es ist nicht verboten, vom selben Szenario für Irland zu träumen.“