Italien hält die Wirtschaft an
In Italien, das am schwersten von der Coronakrise betroffen ist, hat die Regierung erneut die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus verschärft. Premier Conte erklärte am Wochenende, dass ab sofort alle Unternehmen, bis auf jene, die lebensnotwendige Waren und Dienstleistungen garantierten, schließen müssen. Die Presse fragt sich, ob das gut gehen kann.
Jetzt keine Hungersnot erzeugen
Man kann eine Wirtschaft nicht einfach aus- und wieder einschalten wie eine Lampe, mahnt La Stampa:
„Die Schließung von Unternehmen ist einfach, eine Wiedereröffnung ist es nicht. Das gilt umso mehr in einem Land mit Klein- und Kleinstunternehmen wie dem unseren. ... Die Verhandlungen mit den Sozialpartnern sollten darauf abzielen, die Arbeitnehmer bestmöglich zu schützen. ... Die Umstellung der Unternehmen, damit sie bei der Herstellung von Masken oder Notfallausrüstungen nützlich sein können, vor allem aber, damit sie ihre Arbeit nicht einstellen, muss in jeder Hinsicht erleichtert werden. ... Wir haben noch nie erlebt, dass die Wirtschaft so zum Stillstand gekommen ist, nicht einmal in Kriegszeiten. Die Seuche zu bekämpfen, kann nicht bedeuten, eine Hungersnot zu erzeugen.“
Regierung braucht präzise Strategie
Die Italien-Korrespondentin des Handelsblatts, Regina Krieger, fragt sich, ob dieser Schritt tatsächlich nötig war:
„War die dramatische nächtliche Ankündigung nicht eher eine Konzession an die öffentliche Meinung als das Verfolgen eines transparenten Krisenmanagements? In Italien hat die Diskussion darüber begonnen. Das Land wird Jahrzehnte brauchen, um sich ökonomisch von dieser Krise zu erholen. Wenn man jetzt alles herunterfährt, wird es noch schlimmer - ein Beispiel von vielen sind die internationalen Lieferketten. Mit Recht fordern die Unternehmer, an die Zeit danach zu denken. Woher kommt Liquidität, wer garantiert für Kredite, und was ist mit den börsennotierten Firmen? Es ist Zeit für die Regierung Conte, ihre Maßnahmen zu begründen, eine präzise Strategie zu enthüllen - wenn es die denn gibt.“
Fabriken sind Brutstätten des Virus
Die Türkei sollte dem Beispiel Italiens folgen, fordert das Internetportal T24:
„Vielerorts arbeiten die Arbeiter dicht nebeneinander. ... Um die Gesundheit der Fabrikmitarbeiter zu gewährleisten, muss man entweder die Produktion stoppen oder an den Produktionsstätten für soziale Isolation sorgen. Wenn die Fabriken in der Türkei wenigstens das täten, aber nein. Eigentlich ist es gar nicht so schwer. Die Tofaş-Fabrik in Izmir hat letzte Woche begonnen, die Regel von 1,5-Metern Distanz umzusetzen. Natürlich muss man dazu die Produktionsgeschwindigkeit herunterfahren. ... Könnte das der Grund sein, warum die anderen Fabriken und Werften sich nicht um soziale Distanzierung scheren? Es ist inakzeptabel, dass das Leben von Millionen von Arbeitern durch das Streben nach Profit gefährdet wird.“