Wie sinnvoll sind Staatshilfen in der Pandemie?
Die Lockdowns und Teil-Lockdowns, zu denen sich fast alle europäischen Regierungen durch die zweite Corona-Welle veranlasst sahen, drohen Unternehmen und Menschen erneut in Existenznöte zu bringen. Das heizt auch die Diskussion um geeignete Auffangmaßnahmen wieder an. Die Presse debattiert, wer jetzt am dringendsten Unterstützung braucht und ob Staatshilfen generell das richtige Rezept sind.
Neue Zeiten brauchen neue Instrumente
Die Wirtschaftshilfen sollten nicht dazu dienen, überkommene Strukturen aufrechtzuerhalten, findet Der Standard:
„Wird damit verhindert, dass die dynamische Wirtschaft von morgen entsteht? Klar ist nämlich, dass Corona das Wirtschaftsleben nachhaltig verändern wird. Entvölkerte Bürogebäude dürften uns erhalten bleiben ... . Somit steht fest, dass viele Restaurants in Geschäftsvierteln keinen Platz mehr auf dem Markt haben werden. Dafür werden andere Geschäftsfelder boomen, etwa die Zusteller. ... Es wäre an der Zeit darüber nachzudenken, wie der Wandel begleitet werden kann: Braucht es mehr Förderung für Neuinvestitionen und Risikokapital? Ist es Zeit, Kurzarbeit durch ein befristet deutlich höheres Arbeitslosengeld zu ersetzen, um Arbeitnehmer nicht an Betriebe ohne Zukunft zu ketten?“
Nicht jeder Arbeitsplatz ist schützenswert
Staatshilfen verzögern ganz generell den Strukturwandel, findet die Neue Zürcher Zeitung:
„Schwer getroffene Wirtschaftsbranchen wie der Tourismus, die Gastronomie oder das Veranstaltungswesen überbieten sich mit Forderungen. ... Aus solchen Wortmeldungen spricht die Überzeugung: Es muss möglichst jedes Unternehmen und jeder Arbeitsplatz gerettet werden. Man möchte die Strukturen der Vergangenheit erhalten. Auf der anderen Seite dämmert es vielen: Die Vergangenheit wird nicht einfach zurückkommen. Während des ersten Lockdowns im Frühling konnte man noch der Ansicht sein, der Staat könne und solle einfach alle Unternehmen mit Kurzarbeit und Krediten ein paar Monate durch die Rezession hindurch tragen. Danach würde man weitermachen wie bisher. Die zweite Welle hat dies als Illusion entlarvt. ... Die Geschäfte werden sich wahrscheinlich dauerhaft verändern.“
Firmen bei der Digitalisierung helfen
Im kleinen Malta spielte der Onlinehandel vor der Pandemie kaum eine Rolle. Behörden tun zu wenig, um Unternehmen für die neue Herausforderung fit zu machen, klagt Kolumnist Peter Agius in The Malta Independent:
„Eine große Zahl von Firmen hat auf unterschiedliche Weise versucht, Verbraucher online zu erreichen. Doch der Erfolg war begrenzt, weil es keine koordinierten Bemühungen gab, unsere Unternehmer zu schulen, sich dieser Herausforderung zu stellen. ... Haben Sie Kursangebote für Online-Marketing gesehen, die von unseren Behörden bezahlt oder gefördert werden? Ich nicht. ... Es ist ein langer Weg von der Online-Präsenz zum Erfolg beim Online-Verkauf. Das ist die Lücke, die wir schließen müssen - besonders deshalb, weil wir mitten in einer Pandemie stecken.“
Touristen werden Griechenland nicht retten
Athen muss jetzt mit der großen Kelle anrühren, fordert Proto Thema:
„Gerade in Griechenland, das mit einer neuen vielfältigen Krise konfrontiert ist - gesundheitlich, wirtschaftlich, fiskalisch und vielleicht national - sollten zunächst Arbeitnehmer sowie kleine und mittlere Unternehmen unterstützt werden, damit das soziale Gefüge nicht zusammenbricht. ... Und darüber hinaus brauchen wir einen nationalen Umstrukturierungsplan, ähnlich dem, der nach einem Krieg benötigt wird, zu dem jeder beitragen sollte, nicht nur die Regierung und einige Technokraten. Denn wenn jemand glaubt, dass das Böse vorübergeht und im Sommer Touristen kommen, um uns zu retten, irrt er sich.“