Grünes Licht für Draghi: Ende gut, alles gut?
In Italien will sich auch die Fünf-Sterne-Bewegung an einer Regierung unter dem früheren EZB-Chef Draghi beteiligen. Die Mitglieder der Partei des Polit-Komikers Beppe Grillo votierten am Donnerstag mit 59,3 Prozent dafür. Doch Kommentatoren bezweifeln, dass die Gefahr von Instabilität und Blockade gebannt ist, und blicken dabei auch schon auf die nächsten Wahlen.
Progressive müssen diszipliniert agieren
Keineswegs ist nun alles Friede, Freude, Eierkuchen, mahnt Il Manifesto:
„Die Spaltung innerhalb der größten parlamentarischen Vertretung [der Fünf-Sterne-Bewegung] wird den zukünftigen Premierminister schlecht schlafen lassen. … Aber es gibt noch einen weiteren Aspekt, über den wir nachdenken sollten. Sobald Draghi seine Aufgaben erledigt hat, werden wieder Parlamentswahlen stattfinden, und die rechte Mitte wird sich geschlossen präsentieren. Die progressiven Kräfte werden nur dann in der Lage sein, sich dem Gegner entgegenzustellen, wenn sie in den kommenden Jahren eine gemeinsame Front bilden.“
Soll Mario erstmal die Drecksarbeit erledigen
Dass die Fünf-Sterne-Bewegung und Salvinis Lega die Expertenregierung unterstützen, basiert auf politischem Kalkül, vermutet Új Szó:
„Wegen ihrer geringen Zustimmungsraten fürchtete die Führung der Fünf-Sterne-Bewegung eine vorgezogene Wahl. Ähnlich ist die Situation von Matteo Salvini, entsprechend entschied auch er sich für eine Draghi-Regierung. Die wichtigsten politischen Akteure Italiens zielen vermutlich darauf ab, dass Super Mario, der bereits relativ alt ist und keine politischen Ambitionen mehr hat, die nötige schwierige Arbeit macht und sie bei der nächsten Wahl davon profitieren können.“
Riesenkoalitionen sind ein Krisensymptom
Auch Der Tagesspiegel kann sich nicht recht freuen, dass Italien nun relativ rasch eine neue Regierung bekommen wird:
„Die Regierung Draghi wird nicht stabil sein. Und sie wird mehr als jede frühere 'Techniker'-Regierung – dies ohnehin eine fromme Lüge – demokratischen Niedergang markieren. Riesenkoalitionen sind kein Zeichen von Einheit, sondern ein Krisensymptom. Eine Demokratie ohne Alternativen ist keine. Aber diese Demokratiekrise spielt nicht nur in Rom. Dort ist sie nur sichtbarer.“
Die neue Mission ist die alte
Auf Mario Draghi blickt nicht nur Italien, erklärt Dagens Nyheter:
„Einmal hat er es schon getan: den Euro gerettet. Nun ist der Auftrag im Grunde der gleiche. Draghi soll die Wirtschaft des Landes wieder zum Laufen bringen und dadurch auch das Überleben der gemeinsamen Währung sichern. ... Italiens traditionelle Parteien wurden durch einen Korruptionsskandal in den 1990er Jahren zerstört. Tragischerweise erwuchs aus den Trümmern von damals nie eine verantwortungsvolle bürgerliche Bewegung, und auch mit der ex-kommunistischen Linken ist kein Staat zu machen. Als EZB-Chef forderte Mario Draghi von den nationalen Regierungen stets Reformen - eine Zentralbank kann nicht alle Probleme lösen. Nun liegt der Ball bei ihm und seinen mehr oder weniger unzuverlässigen politischen Mitspielern. Auf seinen Erfolg hoffen sowohl Italien als auch die EU.“