EU plant Preisdeckelung für Energieimporte
Am Freitag haben sich die Finanzminister der G7-Staaten für eine Obergrenze beim Preis für russisches Öl ausgesprochen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen befürwortet darüber hinaus auch einen Preisdeckel auf Gasimporte. Russland droht mit komplettem Lieferstopp. Wer dabei mehr zu verlieren hat, debattiert Europas Presse.
Putin mit den eigenen Waffen schlagen
Zusätzlich zum Öl auch den Preis für Gasimporte zu deckeln, könnte der EU den entscheidenden Vorteil geben, erklärt La Stampa:
„Bisher hat Putin die Spielregeln diktiert und die Menge und den Preis der Gaslieferungen nach Europa kontrolliert. ... Wird das Gas jedoch nicht oder nicht in ausreichendem Maße gekauft, kehrt sich das Kräfteverhältnis um. Denn Russland ist nicht weniger abhängig vom Gasverkauf als Europa vom Einkauf. Anders als Öl kann das Gas nicht mit einem Preisnachlass an China und Indien verkauft werden - Pipelines ändern ihren Kurs nicht wie Öltanker. … Russland ist mit Händen und Füßen an den europäischen Gasmarkt gebunden. Das macht die Angelegenheit zu einem zweischneidigen Schwert: Die Europäer können den Preis begrenzen. Genau das ist es, was die EU vorhat.“
Westeuropa hat wenig zu verlieren
Ein Gaslieferstopp würde Russland in der aktuellen Situation härter treffen, vermutet Kommersant:
„Jetzt sind die Liefermengen schon so zurückgegangen, dass es für Europas Schlüsselländer keinen Sinn mehr ergibt, Zugeständnisse zu machen. ... Sollte der Preisdeckel beschlossen werden, wird Russland sich damit natürlich nicht einverstanden erklären. Und Gazprom wird entsprechend des Präsidenten-Ukas vom 31. März die Lieferungen an Kunden einstellen, die ihre Rechnungen nicht vollständig begleichen. Auch wenn dann der Gaspreis in Europa erneut steigt, verliert Gazprom etwa die Hälfte seiner Einnahmen, denn es hat keine Möglichkeiten, sein Gas auf andere Märkte umzuleiten. ... Die Länder Westeuropas haben eigentlich schon nichts mehr zu verlieren.“
Hat sich der Kreml verzockt?
Moskau pokert mit hohem Einsatz, meint Tygodnik Powszechny:
„Der Kreml hofft auf Massenproteste, die zu politischen Verwerfungen führen sollen. Einen Vorgeschmack darauf gab es am vergangenen Samstag in Prag, wo zwischen fünfzig- und siebzigtausend Menschen gegen die hohen Energiepreise, die tschechische Regierung und deren Unterstützung für die Ukraine demonstrierten. Russland hat beschlossen, va banque zu spielen, und setzt damit seine Zukunft auf seinem traditionell wichtigsten Gasmarkt aufs Spiel. Es gibt jedoch Grund zur Hoffnung, dass der Kreml sich verzockt hat.“
Zusammen geht mehr
Es ist ein gutes Zeichen, dass es nun Bestrebungen gibt, gemeinsame Lösungen in der EU zu finden, lobt Le Soir:
„Macron scheint sich wieder gefangen zu haben und hat am Montag zu einer europäischen Mobilisierung aufgerufen: Deckelung des russischen Gaspreises, Schaffung eines europäischen Abgabemechanismus [einer Übergewinnsteuer], die an die Mitgliedstaaten ausgezahlt werden soll, solidarischer Tauschhandel 'französisches Gas gegen deutschen Strom', gemeinsame Einkäufe, die schon bei den Impfstoffen gut funktioniert haben und das alles bei einem auf 19 Grad eingestellten Thermostat in französischen Häusern. Zusammen können wir mehr: Das muss die Devise der Kommission und auch der 27 Staatschefs sein.“