Energiepreiskrise in Europa: Wie ist die Lage?
Die EU ringt noch um gemeinsame Maßnahmen gegen die explodierenden Energiepreise, in Deutschland geht es um die Details für die "Doppelwumms"-Gaskostenmilderung. Auf einem in einigen Tagen anstehenden Treffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel soll das Thema erneut angegangen werden. Kommentatoren debattieren Notwendigkeiten.
Deutsche Alleingänge schaden
Echo24 sieht in Deutschland den Bremsklotz:
„In der Energiewirtschaft sehen wir, wie viel die Deutschen mit ihren Alleingängen kaputt gemacht haben. Sie beschlossen, ohne Rücksprache mit anderen, ihre stabilen Stromquellen aus Atomkraft und Kohle abzuschaffen und durch russisches Gas zu ersetzen. ... Deutschland ist das Land, dessen Energiesektor am instabilsten und von Importen und Exporten abhängig ist. Wenn in der Nordsee ein gewaltiger Wind weht, muss es seinen riesigen Überschuss an jemanden schicken, damit sein Netz nicht zusammenbricht. Andererseits muss es, wenn er nicht weht, massiv einkaufen und erhöht die Preise.“
Geschlossenheit wahren
Für De Volkskrant wäre eine Spaltung innerhalb der EU ein Sieg für Putin:
„Ein Wettlauf jeder gegen jeden kostet nicht nur viel Geld, sondern droht auch die Einheit der EU zu untergraben. Reiche Mitgliedsstaaten könnten ärmere überbieten. Dieselbe Gefahr droht bei den nationalen Hilfspaketen. ... Es ist von großem Interesse, dass die Mitgliedsstaaten eine Einigung erzielen. Sie müssen nicht nur ihre Wirtschaft am Laufen halten und ihre Bürger schützen, sondern vor allem auch ihre Einheit bewahren. Europa ist in einen wirtschaftlichen Krieg mit Russland verwickelt. Ein gespaltenes Europa ist eine gewonnene Schlacht für Putin.“
Es geht schon jetzt ohne russisches Gas
Für Financial Times ist Putins Versuch, Europa durch die Drosselung von Gaslieferungen zu erpressen, bereits gescheitert:
„Die Analyse der zugrunde liegenden Liefermuster zeigt, dass sich Europa entgegen der landläufigen Meinung genügend Gas und Flüssiggas von den globalen Märkten gesichert hat, um die verlorenen russischen Lieferungen vollständig zu ersetzen. Bemerkenswert ist dabei zudem, dass Europa auf russisches Gas gänzlich verzichten könnte, ohne dass die Nachfrage massiv eingeschränkt oder sogar Gas durch andere Energieträger ersetzt werden müsste. ... Im Gegensatz dazu wird Wladimir Putin jährlich Verluste in Höhe von geschätzten 100 Milliarden US-Dollar durch entgangene Gasverkäufe hinnehmen müssen.“