Moskau und Minsk planen gemeinsame Militäreinheit

Zwei Tage nach der Explosion auf der Krimbrücke am 8. Oktober hat der belarusische Machthaber Lukaschenka angekündigt, mit Russland eine gemeinsame regionale Militäreinheit bilden zu wollen. Sie soll in Belarus stationiert werden. Als Grund nannte Lukaschenka angebliche Angriffspläne der Ukraine. Nun fragt sich Europas Presse erneut, ob Belarus an der Seite Russlands in den Krieg eintreten will.

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Gordonua.com (UA) /

Kriegseintritt wird kommen

Schon sehr bald werden belarusische Truppen in der Ukraine stehen, glaubt Natalia Radina, Chefredakteurin des oppositionellen belarusischen Portals Charta97, auf Gordonua:

„Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die belarusische Armee in den Krieg eintritt. Heute wurde klar, dass es bald so weit ist. Aber eines ist auch klar: Eine Eskalation der Situation wird den Sturz des diktatorischen Regimes in Belarus nur beschleunigen. Lukaschenka hat sich selbst in eine Ecke manöviert, aus der er nicht mehr herauskommen wird.“

Polityka (PL) /

Spiel auf Zeit

Lukaschenka ist in einer prekären Lage, glaubt Polityka:

„Entweder er verliert die Macht aufgrund von Protesten der Bevölkerung oder der Kreml stürzt ihn. Die letztgenannte Option gibt ihm einen gewissen Handlungsspielraum. Lukaschenka weiß natürlich, dass Moskau ihn selbst einfach durch einen Offizier des belarusischen Machtapparats ersetzen kann, der von den russischen Diensten tief infiltriert ist. ... Lukaschenka rechnet vielleicht damit, dass er den Russen Ausrüstung, Übungsgelände und logistische Einrichtungen überlässt und seine Loyalität bekräftigt, um das reale Risiko eines Kriegseintritts hinauszuschieben. Auf Zeit zu spielen ist sinnvoll, solange es Putin erlaubt, die Illusion eines starken Führers aufrechtzuerhalten, der auch treue Verbündete hat.“

Krytyka Polityczna (PL) /

Belarusen nicht vorverurteilen

Krytyka Polityczna fordert mehr Aufmerksamkeit für die Demokratiebewegung in Belarus:

„Im Gegensatz zu den Ukrainern hatten die freien Belarusen nie auch nur die Hälfte des Landes in der Hand, ebenso wenig wie eine lokale Regierung und einen vollständigen Pluralismus im Parlament. Die belarusische Demokratie ist seit mehr als einem Vierteljahrhundert eine reine Farce. Die Tatsache, dass die Menschen im Jahr 2020 überhaupt so zahlreich auf die Straße gegangen sind, kann nur als ein echtes Wunder bezeichnet werden. ... Anstatt daran zu erinnern und sie wohlwollend zum Durchhalten zu motivieren, damit sie unter günstigen Umständen wieder aufstehen, werden sie regelmäßig innerhalb und außerhalb der Ukraine beschuldigt und als Mitläufer abgestempelt.“