Großbritannien: Mit neuem Haushaltsplan aus der Krise?
Inflation über elf Prozent, steigende Staatsschulden, eine lange Rezession voraus und eine Kreditwürdigkeit, die in der kurzen Ära Truss heftigen Schaden genommen hat: Vor diesem Hintergrund hat der britische Finanzminister Jeremy Hunt einen neuen Haushaltsplan vorgestellt. Steuererhöhungen von 24 Milliarden Pfund und Einsparungen von 30 Milliarden Pfund sollen Stabilität bringen.
Gezielte Hilfen für Bedürftige
Hunt hat die richtigen Hebel betätigt, findet Philip Plickert, London-Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung:
„Angesichts der sehr realen Not von Millionen Haushalten, die kaum noch wissen, wie sie Energie und andere Rechnungen bezahlen sollen, ist auch richtig und lobenswert, dass Hunt einen 'mitfühlenden' Konservatismus propagiert, der sozial Schwache nicht vergisst. Die extrem teure Energiesubvention mit der Gießkanne der Vorgängerregierung wird gekürzt, stattdessen gibt es mehr gezielte Hilfen für Bedürftige. Renten und Sozialleistungen werden entsprechend der Inflationsrate angehoben. ... Hunt belastet Spitzenverdiener mehr als Geringverdiener. Damit bietet sein Budget weniger Angriffsfläche für die Labour-Opposition.“
Kelch an nächste Regierung weitergereicht
Einschneidende, aber notwendige Maßnahmen sollen erst in ein paar Jahren kommen, moniert The Economist:
„Dass die wirklich schmerzhaften Einschnitte hinausgeschoben wurden, wird dazu führen, dass die Tories vor der nächsten Wahl nicht allzu schlecht dastehen. Und falls sie diese verlieren, wird der Labour Party die undankbare Aufgabe zufallen, Steuern zu erhöhen oder Staatsausgaben zu kürzen. Doch diese Verzögerung ist schlecht für Großbritannien. Sie bedeutet, dass die Schulden weiter steigen werden und dass die Bank of England die Zinsen stärker als geplant wird anheben müssen, um die Inflation im Griff zu behalten. ... 'Als Konservative übertragen wir unsere Schulden nicht der nächsten Generation', erklärte Schatzkanzler Hunt. Seine Partei überlässt sie jedoch der nächsten Regierung. Das läuft so ziemlich auf dasselbe hinaus.“
Es fehlt die Wachstumsstrategie
Für Financial Times ist der Haushaltsplan nicht zukunftsträchtig:
„Es mangelt vor allem an einer Strategie zur Steigerung des Wachstums. Das Vorhaben, die Staatsausgaben ab 2025 einzufrieren, wird einen hohen Tribut fordern – weil es eine erhebliche Kürzung im Vergleich zu dem darstellt, was zuvor geplant war. Es gab [vom Schatzkanzler] kaum Hinweise darauf, wie die Unternehmensinvestitionen angekurbelt werden könnten. Weil diese derzeit niedrig sind, ist die Produktivität nach wie vor viel zu gering. Die Regierung gestand ein, dass es dringend notwendig sei, inaktive Arbeitnehmer wieder in die Erwerbsbevölkerung zu integrieren. Diese ist immer noch kleiner als vor der Pandemie. Doch auch in diesem Zusammenhang fehlt es an konkreten Maßnahmen.“