Israel-Palästina: Alle Zeichen auf Eskalation?
Neun tote Palästinenser nach einer Polizeirazzia in Dschenin, sieben tote Israelis nach Schüssen vor einer Synagoge, zahlreiche Verletzte auf beiden Seiten: Das ist die traurige Bilanz der aktuellen Eskalation im israelisch-palästinensischen Konflikt. Israels neue Regierung verabschiedete als Reaktion neue Antiterrorgesetze und will die Bewaffnung israelischer Zivilisten erleichtern. Kommentatoren sind beunruhigt.
Reaktion Israels verschärft die Spannungen
In Reaktion auf die Anschläge gießt die neue israelische Regierung Öl ins Feuer, bemerkt The Irish Times:
„[Sie] hat versprochen, die Sicherheitsgarantien für die illegalen Siedlungen zu verfestigen, Waffenlizenzen für israelische Bürger zu fördern, Militär und Polizeieinheiten zu stärken, um mehr Palästinenser zu verhaften und Operationen zur Beschlagnahmung von Waffen bei Palästinensern auszuweiten. Kritiker und Menschenrechtsorganisationen warnen, dass solche Schritte die Spannung weiter verschärfen dürften. ... Ein lang geplanter Besuch von US-Außenminister Antony Blinken in Jerusalem und Ramallah am heutigen Montag sollte Gelegenheit bieten, internationale Besorgnis auszusprechen. Dass sein Besuch ausgerechnet in diese unbeständige Zeit fällt, verheißt nichts Gutes.“
Bewährungsprobe für Netanjahu
Nun wird sich zeigen, wer in der neuen Regierungskonstellation das Sagen hat, schreibt Der Tagesspiegel:
„Netanjahu, der in der Vergangenheit auf derartige Situationen mit Bedacht reagierte. Oder jene extremistischen Kräfte, die ihrem Hass auf Araber freien Lauf lassen möchten. Für Netanjahu ist das sogar eine Chance, womöglich bei seinen Kritikern im eigenen Land und jenen außerhalb Israels zu punkten. Und zwar, indem er bei den 'Strafmaßnahmen' maßhaltend vorgeht, sofern das in der aufgeheizten Lage möglich ist. Das würde ihn von den Hamas-Islamisten unterscheiden, die ihr ständiges Aufstacheln zu Gewalt mit den angeblichen Interessen der Palästinenser bemänteln, obwohl den Terroristen das Wohl ihres Volkes herzlich egal ist.“
Erinnerungen an Intifada werden wach
Die jüngsten Entwicklungen in Israel und den Palästinensergebieten könnten der Anfang einer neuen Intifada sein, befürchtet Jutarnji list:
„Diese Frage stellt sich periodisch jedes Mal, wenn die Lage hochkocht, und diesmal haben dazu die Szenen aus Dschenin beigetragen. Israelische Sicherheitskräfte haben dort am Donnerstag eine Razzia durchgeführt und sich stundenlang Feuergefechte mit den Palästinensern geliefert, genau wie 2002, als die Stadt das Epizentrum der Zweiten Intifada war. Nach der Zweiten Intifada, die bis 2005 andauerte und von Selbstmordattentätern und Gefechten mit militanten palästinensischen Gruppen in den Palästinensergebieten gekennzeichnet war, baute Israel Mauern zum Westjordanland.“