Wie umgehen mit Rechtspopulismus in Europa?
Die Umfragewerte rechtspopulistischer Strömungen, die teilweise auch einen EU-Austritt ihrer Länder befürworten, steigen in mehreren Mitgliedsstaaten. In Polen zum Beispiel könnte die Konfederacja bei den Parlamentswahlen im Herbst von der kleinsten zur drittstärksten Kraft heranwachsen. Europas Presse setzt die Debatte darüber fort, woher dieser Trend kommt und wie mit ihm umzugehen ist.
Ultrarechts wird salonfähig
Kolumnist Yannis Gounaris sieht in HuffPost Greece neue Allianzen auf der rechten Flanke:
„Die Konvergenz zwischen der europäischen Rechten und der extremen Rechten ist ein Phänomen, das sich seit mehr als einem Jahrzehnt entwickelt. Die Wahl von Meloni war der Katalysator, der es endgültig normalisiert hat. Es ist sicher, dass wir von nun an zunehmend sehen werden, wie sich traditionelle 'Mitte-Rechts-Parteien' mit rechtsextremen Parteien verbünden, die einst als unberührbar und marginal galten. Diese Konvergenz wird durch eine dekorative Erneuerung der rechtsextremen Parteien und eine wesentlich stärkere Hinwendung der 'klassischen' Rechten zu rechtsextremen Positionen erreicht.“
Linke haben Rechten das Feld überlassen
Warum reaktionäre und konservative Politiker in Großbritannien beim Thema Migration die Debatte dominieren, weiß The Observer:
„Das Paradoxe ist, dass die Öffentlichkeit in Großbritannien heute in Bezug auf Einwanderung liberaler eingestellt ist als die meisten Politiker. Doch die Zögerlichkeit der Labour-Partei, reaktionäre Behauptungen infrage zu stellen oder eine alternative Vision zu formulieren, hat es der Rechten ermöglicht, die Debatte zu dominieren und skrupellosen Maßnahmen voranzutreiben. Die extreme Rechte muss nicht an der Macht sein, damit ihre Ideen weiter verbreitet werden, selbst in Gesellschaften, die sich selbst als 'liberal' betrachten.“
Polen hat ähnliche Probleme mit ähnlichen Parteien
Die wachsende Beliebtheit der neuen rechtspopulistischen Partei Konfederacja in Polen sieht Gazeta Wyborcza als Teil eines europäischen Trends:
„Die Konfederacja versucht, aus der wachsenden wirtschaftlichen Frustration politisches Kapital zu schlagen. Das ist keine polnische Besonderheit. Auf eine perverse Art und Weise kann dies sogar als polnischer Fortschritt betrachtet werden: Unsere Gesellschaft unterscheidet sich immer weniger von den westlichen Gesellschaften und wir haben die gleichen Probleme wie sie. Und als Antwort darauf entstehen in unserem Land die gleichen politischen Parteien. ... Das ist ein schwacher Trost, denn es beweist nur, dass Europa dringend neue systemische Lösungen braucht: für Migration, Einkommensumverteilung, für die Rolle des Staates, den Sozialstaat und den Arbeitsmarkt.“
Sorgen offen ansprechen
Le Temps sieht die politische Mitte in der Verantwortung:
„Die Gefahr liegt in der Banalisierung der extremen Rechten. ... Die gemäßigten Parteien sind dafür verantwortlich, die Themen, die den Wählern Sorgen bereiten, offen anzusprechen, wenn sie einen historischen Durchbruch der radikalen Rechten verhindern wollen. Wenn man bedenkt, dass diese bereits unter günstigen wirtschaftlichen Bedingungen gedeiht, kann man sich vorstellen, wie schwierig es erst sein wird, ihren Aufstieg bei einer schweren Wirtschaftskrise zu verhindern.“
Nicht alle Skeptiker zu Feinden machen
Um sich gegen rechtsextreme Strömungen zu wappnen, muss Europa gemäßigte Kritik ernster nehmen, stellt Sega klar:
„Es gibt in Europa starke euroskeptische, nationalkonservative Parteien, die in vielen Ländern regieren oder an der Regierung beteiligt sind. Sie fliehen vor der liberalen Welle, sie wehren sich gegen den europäischen Föderalismus, aber sie sind überzeugte und konsequente Europäer und Demokraten. Die EU muss sie mehr einbeziehen und darf keinen Krieg gegen sie führen. Andernfalls verpasst die EU etwas viel Wichtigeres - die extreme Rechte, die wie Unkraut aus dem Boden sprießt.“