Nach Flutkatastrophe: Libyen im Ausnahmezustand
Sturm Daniel hat im Osten Libyens heftige Überschwemmungen ausgelöst. Besonders die Hafenstadt Darna ist betroffen. Sie beklagt über 11.000 Tote, mehr als 10.000 Menschen werden noch vermisst. Zwei offenbar marode Dämme waren unter dem Druck der Wassermassen geborsten. Die Katastrophe akzentuiert die Misere, in der das Land seit Jahren steckt, betonen Kommentatoren.
Infrastruktur zu lange vernachlässigt
Die schlimmen Folgen der Flut sind eine direkte Folge der Missstände im Land, klagt The Guardian:
„Die Katastrophe in Libyen offenbart die desaströsen Konsequenzen, wenn Regierungen es nicht nur verabsäumen, ihre Bürger zu schützen, sondern diese noch größeren Gefahren aussetzen. Auf das korrupte Regime von Muammar Gaddafi folgten mehr als ein Jahrzehnt Revolution, Bürgerkrieg und politischer Stillstand. Wesentliche Infrastruktur wurde nicht nur vernachlässigt - einer der Staudämme in Darna wurde Berichten zufolge seit 2002 nicht mehr instandgehalten -, sondern auch von den Mächtigen und mit diesen Verbundenen geplündert.“
Vom Rest der Welt abgeschnitten
Trotz der geographischen Nähe findet das Leid Libyens nicht die nötige Beachtung, kritisiert La Croix:
„Seit dem Krieg, der auf den (von Frankreich ausgelösten) Sturz Gaddafis folgte, befindet sich Libyen in einem schwarzen Loch. ... Es gibt keine Journalisten. Sehr wenige NGOs. Die Unsicherheit, die Kämpfe und die Präsenz dschihadistischer Gruppen halten die Libyer in einem von der restlichen Welt abgeschnittenen Leben. Die Langsamkeit der Mobilisierung Europas zeigt, dass die geographische Lage nicht der einzige und entscheidende Maßstab für Mitgefühl ist: Wir können uns nah sein, nur durch ein paar Kilometer Mittelmeer getrennt, und trotzdem alle unsere jeweiligen Nöte ignorieren.“
Weiter ins Chaos gestürzt
Das Bürgerkriegsland ist in einem Abwärtsstrudel gefangen, meint Politiken:
„Der giftige Cocktail aus Klimawandel und gescheiterten Staaten kostet Leben und kann sich leicht selbst verstärken. Der Klimawandel wirkt sich unverhältnismäßig stark auf arme und politisch herausgeforderte Staaten wie Libyen aus: Klimakatastrophen schwächen diese Staaten zusätzlich und so dreht sich die düstere Spirale fort. Leider gibt es dafür keine schnelle Lösung. Die langfristige Lösung besteht darin, die Klimakrise zu lösen, aber kurzfristig muss jetzt die internationale Gemeinschaft helfen.“