Madrid, Dublin und Oslo wollen Palästinenserstaat anerkennen
Die Regierungen Spaniens, Irlands und Norwegens haben bekannt gegeben, dass sie in den kommenden Tagen einen Palästinenserstaat anerkennen wollen. Israel verurteilte dies als Unterstützung des Hamas-Terrors und zog seine Botschafter aus Dublin und Oslo ab. Für Madrid wird diese Entscheidung ebenfalls erwartet. Ein Blick in die Kommentare der europäischen Presse zeigt, wie gespalten die Meinungen bei dem Thema sind.
Basis für eine Zweistaatenlösung
Irish Independent hält die Anerkennung für einen wichtigen Schritt in Richtung Frieden:
„Nichts zu tun, wenn Tausende von Menschen getötet werden, ist nicht akzeptabel. Deshalb gilt zu hoffen, dass die Anerkennung des Staates Palästina durch Irland, Norwegen und Spanien einen Anstoß dazu geben kann, dem palästinensischen Volk die Rechte und den Status zu verleihen, die ihm seit über 70 Jahren vorenthalten werden. ... Die Anerkennung der Souveränität Palästinas verfolgt die Absicht, eine konkrete Basis für die Zweistaatenlösung zu schaffen.“
Terror wird belohnt
Die Anerkennung spielt der Hamas in die Hände, kritisiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung:
„Ein Ziel ihres Angriffs vom 7. Oktober war es ja gerade, das Palästinenserthema wieder auf die Tagesordnung der regionalen und internationalen Diplomatie zu setzen. ... Sie dürfte sich wieder einmal darin bestätigt sehen, dass sie mit Terrormitteln gegen Israel vorgegangen ist, obwohl sie damit großes Leid über die von ihr regierte Zivilbevölkerung gebracht hat. ... [D]er Weg zu einem palästinensischen Staat führt nur über ein Einvernehmen mit Israel. Das wird nach der traumatischen Erfahrung des 7. Oktober schwerer zu erhalten sein, als das auch in Washington viele vermuten; es liegt nicht nur an Netanjahu. Daran zu arbeiten ist trotzdem aller Mühe wert. Die verfrühte Anerkennung 'Palästinas' dagegen ist nur eine Geste.“
Zwischen Fatah und Hamas differenzieren
Der Standard kritisiert den Vorwurf Israels, die drei Staaten würden Terrorismus belohnen:
„Anerkannt wird ja nicht das Ziel der Terrormiliz Hamas, die gar keine Zweistaatenlösung will, sondern das der Fatah und der von ihr geführten Autonomiebehörde. Dass Israels Premier Benjamin Netanjahu Fatah und Hamas ständig gleichsetzt, dient nur dem Zweck, die friedensbereiten Palästinenser zu delegitimieren und so die Besatzung einzuzementieren. Die Anerkennung Palästinas verstärkt vor allem Israels internationale Isolation, die seit Beginn des Gazakriegs stetig wächst. Ob diese Entwicklung eine Friedenslösung – und damit einen Palästinenserstaat – voranbringt, ist ungewiss. Wenn sie die selbstgerechte Bunkerstimmung fördert, die Netanjahu so gerne pflegt, dann könnte sie auch das Gegenteil bewirken.“
Zuerst für Demokratie sorgen
Hier wurde der falsche Schritt zuerst gemacht, kritisiert La Libre Belgique:
„Wie soll man den palästinensischen Staat anerkennen, wenn man noch nicht einmal weiß, wer den Nachbarn von Israel in Zukunft regieren wird? ... Der jüdische Staat wird nicht auf legitime und vernünftige Weise akzeptieren können, dass ein anerkanntes Land von einem Zweig der Hamas oder anderen Terroristen, mit Unterstützung des Iran, angeführt wird, die nur die Vernichtung Israels und der Juden im Sinn haben. Sich für den Frieden einzusetzen, bedeutet, die Bedingungen für eine echte palästinensische Demokratie, eine wirkliche Einigung über die Gebiete und auf beiden Seiten die authentische Anerkennung eines dauerhaften Friedens sicherzustellen.“
Wiederbelebung der Zivilgesellschaft?
Večernji list hofft auf politische Bewegung innerhalb der Palästinensischen Autonomiegebiete:
„Was bedeuten diese Anerkennungen konkret für die Palästinenser? Die Verwaltung unter Mahmud Abbas, die das besetzte Westjordanland regiert und seit 2006 keine Wahlen mehr abgehalten hat, könnte sie sogar fürchten. Die Anerkennung alleine wird die Wirtschaftslage nicht verbessern, was Druck auf Abbas zur Folge haben könnte. Auch impliziert die Anerkennung das Recht auf palästinensische Selbstbestimmung, was bei der Wiederbelebung der Zivilgesellschaft helfen könnte, die in Abbas' Ära erstickt wurde, was wiederum politische Veränderungen zur Folge haben könnte.“
Zusätzlicher Sprengstoff für die EU
Corriere della Sera befürchtet weiteren Streit innerhalb Europas:
„Der Vorstoß Madrids und Dublins birgt die Gefahr weiterer Spannungen und einer weiteren Polarisierung der Lage innerhalb der EU, die bereits über die am Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) beantragten Haftbefehle gegen Netanjahu, seinen Verteidigungsminister Galant und die wichtigsten Hamas-Führer wegen mutmaßlicher 'Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit', die seit dem 7. Oktober in Israel und Gaza begangen wurden, gespalten ist.“