Europawahl: Wie wichtig ist sie für die Bürger?

Vom 6. bis 9. Juni stimmen die Wahlberechtigten aus den 27 EU-Mitgliedsstaaten über ein neues Europaparlament ab. Kommentatoren schreiben der Wahl angesichts des zu erwartenden Rechtsrucks eine hohe Bedeutung zu und wünschen sich einen anschlussfähigeren und mitreißenderen Wahlkampf.

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El Periódico de Catalunya (ES) /

Nationale Themen fehl am Platz

El Periódico de Catalunya beklagt sich über den substanzlosen Wahlkampf in Spanien:

„Die Politiker, die sich darüber beklagen, dass sich die Öffentlichkeit nicht für Europa interessiert, sind zynisch. Sie selbst gestalten einen Wahlkampf, in dem sie über alles außer über die Europäische Union reden. Für sie ist es selbstverständlich, dass es bei den Wahlen zum Europäischen Parlament nur um nationale Themen geht. ... Es wäre konstruktiver zu erklären, was Europa will. ... Es gibt immer noch keine europäische öffentliche Meinung. ... Ohne Klartext wird es keine glaubwürdige Europäische Union geben. ... Es wäre sehr förderlich, wenn bei den Europawahlen die Realität und die Erfahrung im Vordergrund stünden und nicht simples Theater.“

news.bg (BG) /

Einheitsbrei lockt Wahlmüde kaum hinterm Ofen hervor

Die Bulgaren zeigen kaum Interesse an der Europawahl, die in diesem Jahr mit der erneuten Parlamentswahl zusammenfällt, beobachtet news.bg:

„Die Europawahl-Kampagne ist nicht besonders aktiv, sie enthält keine sonderlich originellen Botschaften und auch keine innovativen Lösungsvorschläge für die anstehenden Probleme. ... Das liegt zum einen an der Häufigkeit der Parlamentswahlen in den letzten drei Jahren. Dies ist jedoch bei weitem nicht die einzige Erklärung dafür. Ein weiterer wichtiger Grund hat mit der Art zu tun, wie man die Aufmerksamkeit der Menschen auf die Wahl zu lenken versucht: Leider sind die Kampagnen der führenden Parteien sehr ähnlich, man könnte sogar sagen identisch.“

wPolityce.pl (PL) /

Ost-West-Graben im Verhältnis zur EU

wPolityce.pl interpretiert Umfragen, die ein immer kritischeres Verhältnis der Bürger westeuropäischer Staaten zur EU ausweisen:

„Die grundlegende Schlussfolgerung daraus ist, dass die Bürger dieser Länder zunehmend die Nase voll haben von der EU und der globalen Ordnung und glauben, dass Europa den falschen Weg eingeschlagen hat. ... Traditionell stehen sie der Politik Brüssels und der ihrer eigenen Länder im Verhältnis zur EU viel kritischer gegenüber als die Mittel- und Osteuropäer. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass sie den höchsten Preis für die katastrophale Politik der EU zahlen - den Zusammenbruch des Wohlfahrtsstaates und die anhaltenden sozialen und wirtschaftlichen Krisen, die zum Beispiel durch die unkontrollierte Einwanderung und den 'Green Deal' verursacht werden.“

Helsingin Sanomat (FI) /

Jede Stimme zählt

Helsingin Sanomat hebt die Bedeutung des EU-Parlaments hervor:

„Bei den Europawahlen stehen die Kandidaten vor einer besonderen Herausforderung: Sie müssen die Menschen dazu bringen, überhaupt zu wählen. Die Wahlbeteiligung bei den Europawahlen war in Finnland bisher deutlich niedriger als bei den nationalen Wahlen. ... Es ist dennoch wichtig, sich für die Europawahlen zu interessieren. Europa wird in den nächsten Jahren vor vielen großen Fragen stehen, und die Rolle des Europäischen Parlaments bei deren Lösung ist nicht unbedeutend. Mit der Stimmabgabe hat man Einfluss darauf, wer aus Finnland an den EU-Fragen mitentscheidet, und die von den Finnen getroffene Wahl wird sich auch in der Zusammensetzung des Europäischen Parlaments insgesamt widerspiegeln.“

De Standaard (BE) /

Entscheidende Weichenstellung

De Standaard sieht wichtige offene Fragen:

„Europa legt den Rahmen fest, in dem der größte Teil der nationalen Gesetzgebung gestaltet wird. Migration, Klima, internationaler Handel, Wettbewerbspolitik, Landwirtschaft, Natur. ... Und vor allem auch die Frage, wie man umgehen soll mit den trojanischen Pferden innerhalb Europas, die einige liberale Fundamente der EU abbauen wollen. ... So gut wie sicher werden nach den Umfragen die liberalen und grünen Fraktionen stark verlieren zugunsten der konservativen und äußerst rechten Fraktionen. Aber mit welcher Ausrichtung diese Fraktionen erneut ins Parlament einziehen werden, ist vorläufig noch unklar. ... Werden sich die Rechts-Konservativen Richtung Zentrum bewegen oder werden die Christdemokraten rechter?“

Phileleftheros (CY) /

Nichtwähler im Visier der Parteien

Phileleftheros fragt nach den Auswirkungen von Wahlenthaltung:

„Diejenigen, die wahrscheinlich nicht wählen gehen, stehen im Visier der Parteien. ... Sie versuchen mit allen Mitteln, von Videos auf Tiktok und anderen sozialen Netzwerken bis hin zu persönlichen Appellen, die Wähler davon zu überzeugen, wählen zu gehen. … Welche Parteien von der Wahlenthaltung profitieren, ist schwer zu beurteilen. Im Laufe der Jahre hat sich jedoch gezeigt, dass sich die Nichtteilnahme an den Wahlen eher negativ auf die linken Parteien auswirkt. Möglicherweise werden auch rechtsextreme Parteien begünstigt, da ihre Wähler eher von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Ob die Jagd auf Couch-Wähler funktioniert, wird sich am Tag nach der Wahl zeigen, wenn wir wissen, wer gewählt hat.“

Mladá fronta dnes (CZ) /

Besser das Zuckerbrot einsetzen

Tschechien gehört mit knapp 29 Prozent beim letzten Urnengang zu den Ländern mit der geringsten Wahlbeteiligung bei Europawahlen, beklagt Mladá fronta dnes und fragt, wie man das ändern könnte:

„Wie wäre es mit der Einführung der Wahlpflicht, wie sie Ex-Präsident Miloš Zeman schon lange befürwortet? In Belgien, Italien und anderswo in Europa ist die Wahlpflicht gesetzlich verankert und bei Nichtteilnahme drohen dem Bürger Geldstrafen. Allerdings gibt es in diesen Ländern nicht unsere historische Erfahrung mit der 'Pflicht', für den Sozialismus zu stimmen. Aber wie wäre es, wenn man in Zukunft so etwas wie eine steuerliche Abschreibung für die Teilnahme an Wahlen einführen würde, wie sie beispielsweise für Blutspender gilt? Anstelle einer Strafe ist es besser, sich einen kleinen Vorteil zu verschaffen.“