Renew-Austritt: Plant Babiš eine neue EU-Fraktion?
Tschechiens Ex-Premier Andrej Babiš hat den Austritt seiner Ano-Bewegung aus der liberalen Renew-Fraktion des Europäischen Parlaments erklärt. Als Grund nannte er vor allem Meinungsdifferenzen bei den Themen Green Deal und Migration. In der Presse und sozialen Medien wird nun spekuliert, ob Babiš mit der derzeit fraktionslosen Fidesz-Partei von Orbán und Ficos Smer eine neue souveränistische Parlamentsgruppe gründen könnte.
Da braut sich etwas zusammen
Im Kern will Babiš in Europa natürlichere Partner finden, erläutert Sme:
„Mit Viktor Orbán wurde darüber bereits gesprochen, auch mit den Slowaken bei der Amtseinführung von Präsident Peter Pellegrini. Dazu sollen der Sieger der niederländischen Wahlen Geert Wilders und der Slowene Janez Janša kommen, Macron durch Marine Le Pen ersetzt werden. Ein einziger Abgeordneter aus einem weiteren Mitgliedsland würde ausreichen, um die Fraktion dann zu komplettieren.“
Putin wird sich freuen
Was Babiš umtreibt, fragt sich Respekt:
„Mit seinem Abschied von Renew stellt er die Politik über seine Interessen als Geschäftsmann in Europa und rückt weg von Kompromissen hin auf die Seite von Menschen, die Europa bisher eher verängstigt haben. Dort wird er den Raum finden, seine Angriffe auf 'Brüssel' vollumfänglich zu starten. ... Für den mitteleuropäischen Raum könnte dies eine deutliche Verschiebung von Positionen bedeuten, hin zu Orten, an denen Wladimir Putin Unterstützung zu suchen pflegt. Und wir wissen aus der wachsenden Wählerpopularität antieuropäischer Parteien in den letzten Jahren, dass ihm dies gelingen kann.“
Babiš geht es letztlich um Tschechiens Parlament
Hospodářské noviny sieht vor allem innenpolitische Motive:
„Zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus Renew ist sich der Ano-Vorsitzende überhaupt nicht sicher, ob er sich beispielsweise mit Smer und Fidesz oder Le Pen in Frankreich zusammenschließen kann. Offensichtlich ist er nicht in erster Linie daran interessiert, auf europäischem Boden wirklich etwas zu erreichen. Durch seinen Austritt bei den Liberalen hat er sich vor allem die Hände frei gemacht, um bei den Parlamentswahlen im nächsten Herbst hart gegen die Europäische Union vorgehen zu können. Er wird zu fast allem automatisch 'Nein' sagen und sich damit um die Wähler populistischer tschechischer Kleinparteien bemühen. Europapolitik ist für ihn in erster Linie ein Mittel der Innenpolitik.“