Ukraine-Krieg: Was, wenn Nordkorea Soldaten schickt?

Nach Munition und Raketen will Nordkorea nun offenbar 12.000 Soldaten nach Russland schicken, die im Gebiet Kursk gegen die Ukraine eingesetzt werden sollen. Dem südkoreanische Geheimdienst zufolge sollen 1.500 Mann bereits in Russland sein. Russland und Nordkorea haben seit Juni einen militärischen Beistandspakt, doch für die Medien bekommt der Ukraine-Krieg mit der Truppenentsendung eine neue Dimension.

Alle Zitate öffnen/schließen
Obosrewatel (UA) /

Zeit für klare Ansage aus Washington

Die USA müssten diesbezüglich Kante zeigen, fordert Kolumnist Iwan Jakowyna in Obosrewatel:

„Ich frage mich, ob die Amerikaner in irgendeiner Weise darauf reagieren werden. Ich denke, eine durchaus vernünftige Reaktion wäre die folgende: Biden verkündet, dass die Ukraine – sollten sich die Informationen über die Beteiligung Nordkoreas am Krieg bestätigen – automatisch das Recht erhält, Ziele in Russland mit westlichen Waffen hoher Reichweite anzugreifen. Wenn Putin das will, kann er selbst über diese Eskalation entscheiden. Das wäre dann seine Entscheidung und seine Wahl.“

LB.ua (UA) /

Millionen-Armee und Atomwaffen

Dass es hier keineswegs um eine geopolitische Randnotiz geht, betont LB:

„Die Entsendung der nordkoreanischen Truppen zur Unterstützung des Kremls deutet auf eine grundlegende Änderung des Status quo im russisch-ukrainischen Krieg hin. Denn nun wird faktisch ein weiterer Staat an der Aggression gegen die Ukraine direkt teilnehmen. Und das ist nicht einfach nur ein weit entferntes und relativ kleines Land mit einem narzisstischen, brutalen Diktator an der Spitze. Dieser Staat hat bereits um ein Vielfaches mehr Munition an Russland geliefert als die gesamte EU an die Ukraine. Außerdem hat Nordkorea Atomwaffen, ballistische Interkontinentalraketen und eine Millionen-Armee.“

The Moscow Times (RU) /

Kim will Kampferfahrung sammeln

Der ukrainische Politologe Ruslan Bortnik erklärt in The Moscow Times, was sich Nordkorea vom Einsatz seiner Armee verspricht:

„Die Beteiligung ihrer Streitkräfte an der Aggression gegen die Ukraine wird es den Nordkoreanern ermöglichen, Erfahrungen in der modernsten Kriegsführung zu sammeln: beim Einsatz unbemannter Fluggeräte und fortschrittlicher Raketensysteme, in Methoden der Cyber-Kriegsführung und taktischen Nahkampftechniken. All dies sind unschätzbar wertvolle Informationen für die Modernisierung des Militärpotenzials Nordkoreas. ... Das Land scheint auf die Erlangung von taktischem und technischen Wissen erpicht, nicht jedoch auf eine vollumfängliche Beteiligung an dem Angriffskrieg. Unterstützung eines Verbündeten – ja. Beteiligung mit großen Truppenverbänden – nein.“

De Volkskrant (NL) /

Wecksignal für den Freien Westen

Volkskrant-Kolumnist Arnout Brouwers hofft, dass die nordkoreanische Kriegsbeteiligung den Westen wachrüttelt:

„Die Verbündeten müssen ihre Unterstützung strukturell verbessern und die Ukraine zur Nato-Mitgliedschaft einladen. Wenn es um die aktive Verteidigung der Freiheit geht, ist die Ukraine 'mehr Nato' als viele Verbündete, die die Mitgliedschaft nur als Freikarte für Sicherheit sehen. Auch gibt es für die Ukrainer keinen anderen Ausweg zum Wiederaufbau als die kollektive Abschreckung Putins. Allerdings ist für mich noch nicht klar, dass dies auch geschieht. Es wäre die ultimative Tragik für die Ukraine, sollte sich herausstellen, dass der 'Freie Westen', dem sie sich anschließen will, am Ende so nicht mehr existiert.“