Was bedeutet Trumps Drohung mit hohen Zöllen?
Gleich bei Amtsantritt im Januar will der künftige US-Präsident Donald Trump Importzölle in Höhe von 25 Prozent auf Waren aus den Nachbarstaaten Mexiko und Kanada verhängen. Für China sollen die bestehenden Zölle um 10 Prozent erhöht werden. Damit wolle er die heimische Wirtschaft stärken und gleichzeitig Druck auf die Länder ausüben, illegale Migration und Drogenhandel zu bekämpfen. Europas Presse überzeugt das nicht.
Willkürlicher Freunderl-Kapitalismus
Der Standard befürchtet:
„Wie der Starökonom und Kolumnist Paul Krugman in der New York Times schreibt, kann die US-Regierung Zölle fast nach Belieben verhängen, aber jederzeit Ausnahmen gewähren. Trump werde das dafür nutzen, Verbündete zu belohnen und Feinde zu bestrafen, warnt Krugman. Das kann er auch mit anderen Maßnahmen – dass er dazu bereit ist, hat er oft bewiesen. Ein solcher 'crony capitalism' (Freunderl-Kapitalismus), in dem die Nähe zur Macht für Unternehmen wichtiger ist als innovative Produkte und gutes Management, würde die USA bald wie Russland aussehen lassen und langfristig den Wohlstand gefährden. Auch das wäre keine gute Nachricht für Europa.“
Simple Sündenbock-Masche
Die Abschottungspolitik hält Le Temps für einen schweren Fehler:
„Die Globalisierung ist nicht länger gefragt. Sie hat die Ungleichheiten in der Welt vergrößert und teilweise die globale Erwärmung verursacht. Das ist nur ein winziger Teil des Gesamtbildes, aber genau darauf ritt Donald Trump während seiner Kampagne herum und versprach, wie er es am liebsten ausdrückte, Amerika wieder groß zu machen, indem er es hinter seinen Grenzen verbarrikadiert. Mauern, neue Gesetze oder Zölle: Eine einfache Methode, verbunden mit dem ebenso simplen Versprechen, dass alle oder fast alle Probleme importiert sind. Und dass die Reduzierung dieser Importe zur Lösung der Probleme führen wird. ... Aber zu glauben, dass Protektionismus, der weder Gott noch Gebot kennt, die Lösung sein wird, ist ein Fehler.“
Der Schuss könnte nach hinten losgehen
The Times zweifelt daran, dass Trumps Rechnung aufgeht:
„Obwohl einige US-Firmen vom Schutz vor billigen Importen profitieren werden, sind viele Branchen auf dem gesamten nordamerikanischen Kontinent miteinander verflochten, sodass beispielsweise ein Zoll auf den Import von Autoteilen die Kosten für die US-Autobauer erhöhen wird. 60 Prozent der Rohöl-Importe kommen aus Kanada, sodass Zölle die Energiekosten in die Höhe treiben dürften. Da die Inflation der wichtigste Faktor war, der die Wähler gegen Joe Biden aufbrachte, könnten steigende Preise Trumps Popularität schmälern. Es wird ihm dann auch schwerer fallen, sein Versprechen einzulösen, die gewaltigen Staatsschulden zu senken.“