Trump und Putin telefonieren: Kommt die Waffenruhe?

Am heutigen Dienstag soll es zum zweiten Mal seit Donald Trumps Amtsübernahme ein Telefongespräch zwischen dem US-Präsidenten und Wladimir Putin geben. Dabei geht es um den von den USA mit der Ukraine abgestimmten Vorschlag einer Waffenruhe für zunächst 30 Tage. Kommentatoren diskutieren Elemente einer potenziellen Einigung und welche Herausforderungen dabei auf Europa und die Ukraine zukämen.

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Dagens Nyheter (SE) /

Jetzt könnte es schnell gehen

Europa steht nun in jedem Fall vor wichtigen Aufgaben, meint Dagens Nyheter:

„Was will Putin im Gegenzug für sein Ja zum Frieden? Das scheint die Frage zu sein, über die Trump am meisten nachdenkt. Selenskyj dazu zu bringen, Ja zu sagen, scheint seine Hauptaufgabe zu sein. Wenn die Gespräche zwischen Trump und Putin am Dienstag der Beginn eines Verhandlungssprints sind, müssen wir in Europa uns über unsere Hauptaufgabe im Klaren sein: der Ukraine die Möglichkeit zu geben, Nein zu sagen, selbst wenn dies bedeutet, ohne die Unterstützung der USA weiterzukämpfen. Und – falls es zu einer Einigung kommt – dafür zu sorgen, dass wir die Sicherheitsgarantien selbst geben können. Wir sollten uns nicht auf die USA verlassen.“

La Repubblica (IT) /

Kyjiw in schwieriger Lage

La Repubblica überlegt, wie die Ukraine geschützt werden könnte:

„Kyjiw ist bereit, etwas aufzugeben: den Beitritt zur Nato (während es weiterhin die EU anstrebt). In der Hoffnung, zumindest unter einen Schutzschirm in einer Art von [Nato-Bündnisfall-]Artikel 5 zu kommen: Unterstützung im Falle einer Aggression auch ohne formale Mitgliedschaft. Offen bleibt die Frage der Friedenstruppen, an der die 'Koalition der Willigen' auf Betreiben von London und Paris arbeitet. Eine unannehmbare Hypothese für Moskau, das die militärische Präsenz der Nato-Länder bereits abgelehnt hat. Aber der Kreml erklärt immerhin die Bereitschaft, über die Anwesenheit unbewaffneter Beobachter zu diskutieren, vielleicht unter der Schirmherrschaft der Uno und nicht feindlicher Länder wie Brasilien, der Türkei oder China.“

La Stampa (IT) /

Ein neuer Kalter Krieg

Alle anderen Staaten können nur zuschauen und hoffen, wirft La Stampa lakonisch ein:

„Der russisch-ukrainische Krieg hat die Welt um ein halbes Jahrhundert zurückgeworfen. Das heutige Telefonat ist das erste Telefonat des neuen Kalten Krieges, der immer kurz davor ist, lauwarm zu werden. Die beiden Großen suchen gemeinsam nach einem Ausweg, um das Gleichgewicht in der Welt wiederherzustellen und gefährliche und lästige 'Details' zwischen ihnen zu beseitigen. Die anderen, die Kleinen, die Ukraine und das Europa des Wollens und Nichtkönnens, stehen daneben und hoffen, dass die Entscheidungen nicht zu schwer für sie sind.“

Echo (RU) /

Ungeheuerliche Normalisierung

Der Historiker Sergej Medwedew zeigt sich angesichts der Rehabilitierung Russlands durch die USA in einem von Echo übernommenen Telegram-Post fassungslos:

„Noch ist unklar, worauf dieser Krieg hinausläuft und was Trump erreichen wird, aber bisher hat er erreicht, dass im Laufe des letzten Monats eine ungeheuerliche Normalisierung Russlands, Putins und dieser Aggression geschehen ist. Die ganze Welt spricht darüber als eine gegebene Tatsache, man diskutiert die Öffnung von Nord Stream, ein Energieabkommen, die Arktis, Handel, die Rückkehr westlicher Firmen nach Russland – als hätte es keine drei Jahre Krieg und keine ungeheuerlichen Verbrechen gegeben.“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Gruselige Signale aus Washington

Trumps Ankündigung, man werde bald über Territorien und Kraftwerke reden, lässt die Süddeutsche Zeitung nichts Gutes ahnen:

„Bei Kraftwerken wird es sich vermutlich um die Atomanlage Saporischschja handeln. ... Gänzlich gruselig wird die Vorstellung, dass Trump telefonisch eine Grenzziehung betreiben könnte – und vor allem, dass die USA diese Grenzen völkerrechtlich anerkennen. Auch wenn große Teile der Welt diese Anerkennung nackten Unrechts ablehnen würden: Das Signal aus Washington wäre eindeutig, der Bruch mit den Partnern von einst vollzogen. Es ist eine Sache, ob man den Golf von Mexiko für den Hausgebrauch umbenennt. Wer aber Grenzen versetzt, der steckt die Welt in Brand.“