FBI knackt Iphone selbst
Das FBI hat laut eigenen Angaben das Iphone des San-Bernardino-Attentäters selbst geknackt und wird in diesem Fall auf weitere rechtliche Schritte gegen Apple verzichten. Für Kommentatoren ist der Streit zwischen dem Technologiekonzern und der Ermittlungsbehörde ein Härtetest in der Debatte um Freiheit und Sicherheit.
Datenschutz nicht dem Kampf gegen Terror opfern
Der Erfolg der FBI-Hacker beendet den Streit zwischen Apple und der US-Justiz erst einmal. Eine richtungsweisende Entscheidung für den Umgang der Behörden mit Daten ist dennoch nötig, meint das wirtschaftsliberale Handelsblatt:
„Wenn es der Sicherheit dient, wird keiner etwas gegen den Zugriff des FBI haben - aber eben nur in diesem Fall. Deshalb sind Regeln für den Umgang mit der Verschlüsselungstechnik und mehr Transparenz bei den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden vonnöten. ... Wenn der Zugriff auf die verschlüsselten Geräte gesetzlich geregelt wird, müssen die Parlamentarier - in Europa wie in den USA - genau abwägen, welche Forderungen der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden legitim und welche überzogen sind. Datenschutz ist ein Grundrecht, das vor dem Zugriff auf die Privatsphäre durch unbefugte Dritte schützt. Unter dem Eindruck von Terror geben wir dieses Gut viel zu leichtfertig auf.“
FBI will Zugriff auf alle Iphones
Das FBI wollte mit seinem Druck auf Apple den Zugriff auf alle Iphones erlangen, glaubt die linksliberale Tageszeitung Der Standard:
„Apple-CEO Tim Cook hatte gewarnt, dass ein Nachgeben einen Präzedenzfall schaffen könnte, der es Ermittlern erlauben würde, sich immer wieder Zugriff auf Iphones Verdächtiger zu verschaffen. Mehr noch: Hacker und Spione könnten so eine Hintertür auf allen Iphones ausnützen. ... Das FBI hatte argumentiert, die Sicherheitsmaßnahmen des Iphones nicht ohne Apples Hilfe umgehen zu können. Nun funktioniert das also doch. Wie genau, ist nicht bekannt – angeblich mithilfe einer Sicherheitsfirma. Stellt sich die Frage, wieso das vor etwas mehr als einem Monat noch keine Option war. Der Verdacht drängt sich auf, dass die Behörde genau das beabsichtigt hatte, wovor gewarnt wurde: eine Grundlage für den einfachen Zugriff auf alle Iphones zu schaffen.“
Hack-Technik nicht privaten Firmen überlassen
IT-Konzerne und Behörden müssen im Bereich Verschlüsselung besser zusammenarbeiten, fordert die liberale Wirtschaftszeitung L'Echo:
„Die Tatsache, dass das FBI es schließlich doch geschafft hat, die Sicherheit des Iphones zu knacken, ohne dass Apple seiner Aufforderung nachgekommen ist, ist eine schlechte Nachricht für alle: die Behörden, Apple und am Ende auch für die Bürger. Wir wissen nunmehr, dass es eine Eindringtechnik gibt. Sie befindet sich jedoch nicht in den Händen von Behörden, die der Kontrolle der Justiz unterstehen. Der Inhaber ist nämlich ein privates Unternehmen, dessen einziges Ziel darin besteht, Geschäfte zu machen. Daher müssen sich die Behörden - die amerikanischen ebenso wie die europäischen - und die großen Informatikkonzerne unbedingt Zeit nehmen, um mehr über einander zu erfahren und Protokolle für eine klar abgesteckte Zusammenarbeit zu erstellen. Es muss dringend eine Debatte über Verschlüsselung, über ihre absolute Notwendigkeit und ihre Schwächen stattfinden.“
Freiheit und Sicherheit in Einklang bringen
Im Kampf gegen den Terror gilt es, die richtige Balance zwischen dem Schutz der Privatsphäre und den Sicherheitsbedürfnissen des Staats zu finden, kommentiert die liberale Tageszeitung Savon Sanomat die Entschlüsselung eines Iphones durch das FBI:
„Seit Edward Snowden die Massenüberwachung durch die NSA aufgedeckt hat, wird in den USA das Kommunikationsgeheimnis sehr hoch gehalten. ... Auch in Europa wird im Rahmen der zunehmenden Terroranschläge über die Befugnisse der Geheimdienste diskutiert. Ausgangsbasis ist dabei, dass das Kommunikationsgeheimnis unverletzbar ist, solange es keinen Verdacht auf ein schweres Verbrechen gibt. Die entscheidende Frage ist daher, in welchem Ausmaß die Kommunikation von Personen mit Verdacht auf Terrorverbindungen überwacht werden darf. Die Diskussion um Extreme - absoluter Schutz oder gar kein Schutz - führt zu nichts Gutem. Freiheit und Sicherheit müssen immer in der Balance sein.“
Private Nutzerdaten gehen FBI nichts an
Apple widersetzt sich dem FBI zu Recht, findet die linksliberale Tageszeitung The Independent:
„Apple-Chef Tim Cook liegt richtig, wenn er behauptet, dass die gerichtliche Anordnung, wenn sie unangefochten bleibt, weit über Hilfe für das FBI in diesem einen Fall hinausgeht. Sie würde die Entwicklung von Software erzwingen, mit der die Sicherheitsmerkmale von Millionen Iphones außer Kraft gesetzt werden können. Und das, obwohl sich die große Mehrheit dieser Geräte im Besitz schuldloser, gesetzestreuer Bürger befindet. Wenn eine solche Software in die falschen Hände gerät, könnte sie eindeutig für verbrecherische Ziele eingesetzt werden. Und selbst wenn man das außer Acht lässt, ist es nur schwer vorstellbar, dass die US-Sicherheitsdienste diese Software nicht auch einsetzen würden, um auf die Daten anderer Personen von Interesse zuzugreifen.“
USA sind dem Crypto-Krieg nicht gewachsen
Von einem Crypto-Krieg zwischen Apple und der US-Regierung spricht der liberal-konservative Corriere della Sera - und sieht beide Seiten kritisch:
„Würde ein System entwickelt werden, um die Antihacker-Abwehr eines iPhones zu knacken, würden damit alle iPhones verwundbar, das stimmt. Dennoch sollte man den Priestern der Technologie misstrauen, die eine Innovation, sprich ein Business, zu einer moralischen Tugend erheben. … Besorgniserregend ist auch die Schwäche der amerikanischen Politik, die vom Krieg der Republikaner gegen Obama gelähmt ist. Sie erweist sich als unvorbereitet und unfähig, den Paradigmenwechsel zu begreifen, den die ständige digital-technologische Weiterentwicklung mit sich bringt. Mehr als deutlich wird dieses Hinterherhinken, wenn man sich die Verfügung des Gerichts in Los Angeles anschaut: … Um Apple zur Zusammenarbeit mit dem FBI zu zwingen, musste Richterin Sheri Pym den All Writs Act von 1789 bemühen - ein Gesetzt aus dem Jahr der französischen Revolution.“
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