Trump auf dem Vormarsch
Nach seinem Erfolg bei der Vorwahl in New York und am Super Tuesday wird es immer wahrscheinlicher, dass der Unternehmer Donald Trump Kandidat der Republikaner wird. Bei den Demokraten baute Hillary Clinton ihren Vorsprung gegenüber Bernie Sanders aus. Wer wird neuer US-Präsident?
Der Rüpel hat sich zum Guten gewandelt
Der Sieg Donald Trumps bei der Vorwahl in New York zeigt, dass der Mann gereift ist, stellt Jyllands-Posten fest:
„Donald Trump hat eine große Gruppe von Republikanern aus dem Mittelstand für sich eingenommen, deren Lebensstandard sich seit vielen Jahren nicht verbessert hat und die sich von der amerikanischen Politik übergangen fühlen. Sie konnten verfolgen, wie ihre Partei Steuererleichterungen für die Wohlhabendsten durchsetzte, während das Arbeitstier Mittelklasse der Verlierer war. ... Wo Donald Trump in der Anfangsphase des Wahlkampfes oft aus der Hüfte schoss, hat er jetzt einen erfahrenen Stab, der weiß, wie man einen Präsidenten formt. Sein jüngstes Auftreten ist davon positiv geprägt. Noch wissen wir nicht, wie das komplette politische Programm des Unternehmers für die Supermacht USA aussehen wird. Aber angesichts seines Reifeprozesses gibt es guten Grund anzunehmen, dass Donald Trump das beste Angebot der Republikaner für den nächsten Präsidentschaftswahlkampf ist.“
Clinton muss Umgang mit Trump noch lernen
In einem möglichen Wahlkampf gegen den Populisten Trump um das Amt des US-Präsidenten sollte Hillary Clinton nach Europa schauen, empfiehlt der ehemalige sozialdemokratische Politiker Wouter Bos in seiner Kolumne in der linksliberalen Tageszeitung De Volkskrant:
„Die Clinton-Strategie scheint auf einen politischen Kampf nach normalen Regeln zugeschnitten sein. Populisten halten sich aber nicht an die Regeln. Das gilt auch für den Kampf gegen Trump. Der wird gnadenlos persönlich, jeder Ball wird zurückgeschossen, Lügen werden schnell erzählt und ebenso schnell vergessen (auch vom Wähler). Grobheit kennt keine Grenzen, Inkonsistenz ist eher die Regel als Ausnahme, Gegner werden lächerlich gemacht, Integrität in Frage gestellt. Und all das funktioniert auch noch. Das hätte das Team von Clinton von Europa lernen können. Aber könnte es auch von uns lernen, wie man Populisten besiegt?“
Sanders ist gefährlicher als Trump
Während der Republikaner Donald Trump regelmäßig Erfolge bei den Vorwahlen feiert, tut sich Hillary Clinton bei den Demokraten gegen ihren Herausforderer Bernie Sanders schwerer. Die linksliberale Tageszeitung Jornal i sieht in Sanders die wahre Gefahr für die USA:
„Trump ist nicht undemokratisch. Er steht für die Demokratie, in ihrer ganzen Vollendung. Leider handelt es sich dabei um eine schmutzige, unfeine und populistische Demokratie. ... Keine der beiden Seiten des Establishments würde zögern, sich gegen einen Präsidenten zu vereinen, der sich einfach nicht benehmen kann und der so ziemlich jeden beleidigt hat, um in das Amt zu gelangen. ... Doch tatsächlich wäre es problematischer, wenn die USA vom wirtschaftlichen Idealismus Bernie Sanders' angeführt werden würden. Seine Wahlkampagne ist, im Gegensatz zu Trumps, zwar kein Theater. Aber die daraus resultierende finanzielle Katastrophe würde die europäischen Märkte treffen.“
Erfolg basiert nicht auf Dummheit der Wähler
Donald Trump heimst im aktuellen Wahlkampf die Früchte jahrelanger harter Arbeit der Republikaner ein, erklärt der Historiker Romain Huret in seinem Gastbeitrag in der linksliberalen Tageszeitung Libération:
„Während ein Teil der Linken durch die Irrtümer der linken Regierung gelähmt ist, haben die Konservativen bei den Grundlagen sozialer Bewegungen angesetzt: Arbeit an der Basis vor Ort und permanenter Wahlkampf. ... Trump ist daher nicht das Resultat eines paranoiden Amerikas oder eines Komplotts von Milliardären. Er ist die Konsequenz aus einem entschlossenen Einsatzes eines konservativen Amerikas. … Es ist wichtig, dass vereinfachende Erklärungen nicht die Oberhand gewinnen und den USA in die Augen zu schauen, die Trump verkörpert.“
Donald Trump erreicht die Abgehängten
Donald Trump erreicht die Bürger, die die Folgen der US-Wirtschaftspolitik zu spüren bekommen, analysiert die linksliberale Tageszeitung La Repubblica:
„Mag sein, dass die Ökonomen Recht haben und dass es uns langfristig dank eines immer freieren Handels immer besser gehen wird. Tatsache ist, dass die USA im Bereich des Produktionsprozesses mehr als sieben Millionen Arbeitsplätze eingebüßt haben. ... Das Durchschnittseinkommen eines Arbeiters ohne Diplom ist laut einer Studie der Brookings Institution zwischen 1990 und 2013 sogar um zwanzig Prozent gesunken. Eine weitere Studie besagt, dass die Sterblichkeitsrate der weißen männlichen Bevölkerung ohne Diplom zwischen 45 und 54 stetig wächst. Die Hauptgründe sind Selbstmord, Alkoholismus, Drogen. Mit anderen Worten, die Probleme, die Trump anspricht, sind real, wenngleich die meisten seiner Lösungen falsch sind. Doch sollten die traditionellen Parteien - vor allem die Demokraten - die tiefen Gründe der Unzufriedenheit der Amerikaner nicht ernst nehmen, könnten wir im November eine böse Überraschung erleben.“
Ein Milliardär kämpft für die Vergessenen
Trumps Anhänger als ungebildet und rassistisch zu brandmarken, greift zu kurz, meint die liberal-konservative Tageszeitung Jyllands-Posten:
„Wenn ein amerikanischer Arbeiter sieht, dass sein Job nach China ausgelagert wird und dass illegale Einwanderer in großer Zahl über die südliche Grenze kommen, wenn er sich in seiner Sicherheit durch radikale Islamisten bedroht fühlt und nicht davon ausgehen kann, dass der amerikanische Traum für seine Kinder in Erfüllung geht, dann werden seine Sympathien eher bei einem Kandidaten liegen, der diese Sorgen anspricht, als bei einem, der als Marionette der politischen und wirtschaftlichen Elite wahrgenommen wird. Man kann Trumps Botschaften populistisch nennen. ... Doch seinem Milliardärstatus zum Trotz ist er zu einer integrativen Figur für jene Millionen Amerikaner geworden, die sich übersehen und vergessen fühlen und die die etablierten Parteien nicht ernst nehmen mochten.“
Bei Weitem nicht nur ein amerikanisches Phänomen
Donald Trumps Erfolg basiert auf einem altbewährten und auch auf dieser Seite des Atlantiks bekannten Rezept, erklärt der liberalkonservative Tagesspiegel:
„Auch in Europa haben rechtspopulistische Demagogen Erfolg mit ihren simplen Antworten auf Kriege und Krisen, den Globalisierungsdruck und die Abstiegsängste, teils mit noch besseren Umfrage- und Wahlergebnissen als Trump, zum Beispiel in Frankreich, Ungarn und Polen. Selbst in Schweden führen sie in Umfragen. Trump ist die amerikanische Variante dieses Phänomens. Was macht seinen Reiz aus? Seine Stärke spiegelt die Schwächen des traditionellen Politikpersonals. Er hat eine Gabe, sie bloßzulegen. Er deckt auf, wie wenig die Republikanische Partei ihren Wählern anzubieten hat, ihre programmatische Leere. Mit seiner bombastischen Persönlichkeit füllt er die Lücken, die andere lassen.“
Trump würde Putin in Europa freie Bahn lassen
Der von Donald Trump im US-Präsidentschaftsvorwahlkampf propagierte Isolationismus in der US-Außenpolitik ist ein Horrorszenario für Europa, warnt die konservative Tageszeitung The Times:
„Trump argumentiert, dass ein Rückzug aus Europa Milliarden US-Dollar sparen würde. Doch er bedenkt nicht, was das für die Nato bedeuten und wie sehr das Russlands Präsidenten Wladimir Putin ermutigen würde, weiter Risiken einzugehen. ... Die US-Verteidigungsausgaben würden steigen, doch die Nato verkümmern. Putin würde seine Einflusssphäre in Europa zugestanden bekommen und unbehelligt bleiben. Denn in Trumps Weltbild ist russisches Expansionsstreben keine direkte Bedrohung für die nationalen Interessen der USA. ... Ein Präsident, der seine Augen vor den Realitäten einer globalisierten Welt und der Notwendigkeit von Allianzen verschließt, ist eine Gefahr.“
Wähler haben Langeweile satt
Dass ein Haudrauf wie Trump so erfolgreich ist, ist auch die Schuld der aalglatten Kampagnen etablierter Politiker, meint Marc Fauconnier, Chef der PR-Agentur Famous, in der liberalen Tageszeitung De Standaard:
„Trump verhält sich wie ein Elefant im Porzellanladen des politischen Marketing. ... Er wendet sich nicht nur gegen die Demokraten, sondern auch schamlos gegen das Establishment seiner eigenen Partei. ... Die US-Wähler haben genug vom elektoralen Opportunismus, der zu einer Einheitswurst führte. Das Marketingziel, so vielen Wählern wie möglich zu gefallen, kehrte sich gegen die politische Klasse. Die Gleichgültigkeit gegenüber farblosen Kandidaten mit undeutlichen Versprechen und langweiligen Kampagnen ist umgeschlagen in Abscheu. Dieser Ärger ist der perfekte Nährboden für Figuren, die ihre verwerflichen Ideen in ein Clowns-Kostüm stecken. So wird das politische Marketing eine Bedrohung der Demokratie. “
US-Vorwahlkampf ist eine einzige Schlammschlacht
Der Vorwahlkampf der Republikaner wird mittlerweile nur noch mit Lügen und Beleidigungen geführt, kritisiert die linksliberale Tageszeitung El Periódico de Catalunya:
„Die Präsidentschaftsvorwahlen der Republikaner wirken wie ein Musterkatalog der übelsten Wesensmerkmale der Politik. Nach seinem spektakulären Sieg in Nevada prescht Multimillionär Donald Trump mit Riesenschritten voran. Seine demagogischen Reden sind gespickt mit Lügen und Unwahrheiten, die Trump so oft wiederholt, dass sie für viele zur Wahrheit werden. Auch der ultrakonservative Senator Ted Cruz attackiert seine Gegner mit Lügen und Schlägen unterhalb der Gürtellinie. ... Die Schlammschlacht war so heftig, dass sein Sprecher schließlich zurücktreten musste. Harte Konkurrenz gehört per Definition zu einem Wahlkampf, vor allem in den USA, wo die Wahl wie ein Wettrennen inszeniert ist. Aber nicht alles darf deshalb erlaubt sein.“
Klassische Republikaner müssten Clinton wählen
Die Vorwahlen in South Carolina zeigen deutlich, dass sich der Rechtsaußen-Flügel der Republikaner durchsetzt, analysiert die konservative Tageszeitung Večernji list:
„Die alte republikanische Partei liegt auf dem Sterbebett und die Konservativen sind im Aufwind. Mit dem Ausscheiden von Bush und dem schlechten Abschneiden von John Kasich sind nur noch Kandidaten im Rennen, die den Rechtsaußen-Flügel der Partei repräsentieren. Vor 15 Jahren hätte diese Gruppierung nicht einmal von einer Nominierung träumen können. ... So geraten die traditionellen republikanischen Wähler, die weder drastische Steuererleichterungen für Reiche wollen, noch die Abschaffung der Krankenversicherung für Millionen von Amerikanern, in eine merkwürdige Lage: Sie könnten die Seite wechseln und Hillary Clinton ihre Stimme geben, denn deren Wahlprogramm gleicht eher dem eines progressiven republikanischen Kandidaten, als dass es der Feder eines klassischen Demokraten entsprungen ist.“
Prunk und Kitsch für die amerikanische Seele
Mit seinem prahlerischen Auftreten beantwortet Donald Trump erfolgreich die Sehnsucht nach einer heilen Welt, analysiert die liberale Tageszeitung La Stampa:
„Der Schriftsteller Milan Kundera lehrte, dass Kitsch eine ausgezeichnete Waffe ist, um an die Macht zu gelangen, doch die so intellektuellen Analysten scheinen dies zu vergessen. Viele schimpfen über die 'Vulgarität' von Trump - doch für den einfachen Amerikaner, der in der Krise Arbeit und Status verloren hat, spiegelt sie Luxus, Wohlstand und Ruhm. Trump siegt jetzt auch haushoch unter den 'gemäßigten Republikanern' und den Evangelikalen. Es ist die gleiche Basis, die Ronald Reagan 1980 und 1984 ins Weiße Haus brachte. Arbeiter ohne Diplom, einst gut versorgt dank der öffentlichen Ausgaben und der Investitionen im Bereich Verteidigung, heute von Globalisierung und Technologie ausgegrenzt, weiße, gläubige Männer. … Wer auch immer Präsident wird, Clinton, Rubio, Cruz, wird dieser Masse der Unglücklichen Rechnung tragen müssen. Sollten hingegen überraschend Trump oder Sanders siegen, stehen turbulente Zeiten bevor.“
Viele US-Bürger fühlen sich verraten
Große Sorgen macht sich ob des deutlichen Erfolgs für Donald Trump die linksliberale Tageszeitung De Morgen:
„Ob Trump es nun schafft oder nicht, es bleibt besorgniserregend, dass ein steinreicher Mann, der Migranten, Frauen, Arme und Journalisten auf niederträchtige Art und Weise beleidigt, so viele Amerikaner begeistert. ... Viele gehen davon aus, dass die Trump-Wähler gemeinsam mit ihrem großen Führer untergehen werden und in den nächsten Jahren als quantité négligeable angesehen werden können. Doch das ist ein großer Fehler. Denn wenn Trumps Erfolg etwas deutlich macht, dann ist es die Existenz einer großen Gruppe Frustrierter, die sich nicht nur von den klassischen Politikern verraten fühlen, sondern auch von Journalisten, Unternehmern und Lehrern. Wer denkt, dass über diese Leute einfach so hinweggesehen werden kann, schafft noch mehr gesellschaftliche Frustration, die früher oder später großen Schaden anrichten wird.“
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