Das Jahr des Wladimir Putin
Für viele Beobachter ist Russlands Präsident Putin einer der wenigen Gewinner dieses Jahres. 2016 wird als Wendepunkt gesehen, an dem Moskau wieder an seine Bedeutung zu Sowjetzeiten anknüpft - was auch an der Schwäche der EU liegt.
Putin war der große Gewinner
Moskau hat seinen Platz auf der Weltbühne im vergangenen Jahr endgültig zurückerobert, bilanziert Financial Times:
„Die Ehre Russlands scheint wiederhergestellt worden zu sein. Präsident Wladimir Putin sticht in einem Jahr der atemberaubenden Umbrüche als einer der wenigen Gewinner hervor. Von Aleppo bis zu den Hacking-Vorwürfen bei der US-Präsidentenwahl ist spürbar, dass Moskau jene Relevanz und jenen globalen Einfluss zurückgewonnen hat, die es zu Zeiten der Sowjetunion hatte. Im Gegensatz dazu wurde US-Präsident Barack Obama an den Rand gedrängt. Wer denkt, dass es das westliche politische System ist, das wegen des Wandels taumelt, liegt nicht so falsch. Indes versuchen die geschockten Politiker im Westen verzweifelt mitzuhalten - oder räumen ihre Schreibtische.“
Sichtbarkeit nicht mit Macht verwechseln
Dass Putin vom Wirtschaftsmagazin Forbes als mächtigster Mensch der Welt eingestuft wurde, findet der Politologe Pascal Boniface auf seinem Blog bei Mediapart übertrieben:
„Gewiss hat der russische Präsident das Jahr 2016 geprägt. … Ist er indes der mächtigste Mensch der Welt? Mit Sicherheit nicht. Man darf Sichtbarkeit nicht mit Macht verwechseln. Russlands Bruttoinlandsprodukt entspricht nur zehn Prozent des US-amerikanischen BIPs, bei den Militärausgaben besteht das gleiche Verhältnis. … Der mächtigste Mann der Welt ist in Wirklichkeit eher der chinesische Präsident, auch wenn dieser keine aufsehenerregenden Äußerungen macht. Er regiert ein ökonomisch gesundes Land und erfreut sich dank des wirtschaftlichen Erfolgs und des gestärkten Nationalstolzes großen Zuspruchs seitens der Bevölkerung. Darüber hinaus hat China, das regelmäßig seine Militärmacht vergrößert, im Gegensatz zu Moskau und Washington sich nicht in externe Konflikte verwickeln lassen.“
Spaltung in Ost und West schwächt EU
Neue Fronten zwischen West- und Osteuropa in der Flüchtlingsdebatte haben die EU geschwächt und Russland gestärkt, kritisiert die Neue Zürcher Zeitung:
„[Z]u erkennen ist, dass das unbesonnene Reden von West und Ost einen Keil in EU-Europa treibt und das EU-Vorfeld schwächt. In Rumänien, neben Polen Hauptpfeiler der Nato gegen den äusseren Osten, haben postkommunistische Oligarchen eben die Macht wieder übernommen. In den Kleinstaaten des Balkans kreuzen sich die Einflussversuche Moskaus und der Türkei, während Brüssels Arm schwächer wird. Die Kernstaaten der EU sollten daran denken, dass nirgendwo mehr Demonstranten EU-Fahnen unter Lebensgefahr schwenkten als auf dem Kiewer Maidan. Am Rande der EU ist oftmals klarer als im alten Kerngebiet, was Europa ausmacht: demokratische Rechtsstaatlichkeit, starke Institutionen und klare Sicherheitsgarantien.“