Die 100-Tage-Bilanz von US-Präsident Trump
Am Samstag ist Donald Trump genau 100 Tage im Amt. Zuvor hatte der US-Präsident betont, was er bis zu diesem Stichtag alles erreicht haben will, diese Woche bezeichnete er die Marke als "lächerlich" und "künstlich festgelegte Schwelle". Wie bewertet die Presse die ersten 100 Tage seiner Amtszeit?
Weniger schlimm als befürchtet
Trump hat wenig erreicht, aber auch wenig kaputt gemacht, bilanziert Die Welt:
„Trump ist kein autoritärer Herrscher geworden. Er kritisiert zwar weiter fleißig Richter, hat sich aber über deren Urteile nicht hinweggesetzt. Der Präsident ist auch nicht Putins Pudel geworden und scheint fester zu Amerikas westlichen Verbündeten zu stehen, als zu erwarten war. Und er hat bisher auch keinen Handelskrieg mit China entfacht. Das ist zwar eine sehr niedrige Messlatte für einen US-Präsidenten, aber angesichts von Trumps Äußerungen im Wahlkampf spürt man doch Erleichterung. … Die Welt und der Westen haben diese ersten 100 Tage der Trump-Regierung einigermaßen heil überstanden. Das macht Hoffnung. Aber für Entwarnung ist es deutlich zu früh.“
Der Wahlkämpfer liegt ihm als Rolle mehr
Kapital Daily findet, dass Trump sich keine Spur vernünftiger oder besonnener zeigt als während des Wahlkampfs:
„Trump bleibt dem skandalösen Verhalten treu, das er während des gesamten Wahlkampfs gezeigt hat. Die wichtige Rolle seiner Privatdomizile, die ungebildete Sprache, der ätzende Umgang mit Journalisten, der Ausschluss wichtiger Medien aus dem Weißen Haus, das demonstrativ grobe Verhalten gegenüber Frauen, von Merkel bis zu seiner eigenen Ehefrau, die Clan-Bildung im Weißen Haus und viele andere Dinge zeigen ein noch nie dagewesenes Bild von einem Präsidenten. Trump steckt immer noch in seiner Wahlkampf-Rolle. Sein ganzes Verhalten zeigt, dass er lieber um das Präsidentenamt kämpft als es wirklich zu führen.“
Reisefaulheit schadet dem Präsidenten nicht
Was El Mundo bemerkenswert findet, ist, dass Trump noch keine einzige Auslandsreise unternommen hat:
„In diesen ersten 100 Tagen war Trump kein reisefreudiger Präsident. Er war sogar der erste Präsident seit vierzig Jahren, der in dieser Zeit keine einzige Auslandsreise unternommen hat und lieber den Heimvorteil nutzte. Wahrscheinlich hat er durch den Empfang zahlreicher ausländischer Politiker dieselben Schlagzeilen erreicht, wie wenn er sie besucht hätte - und dabei Energie gespart. Mitte Mai muss er allerdings eine wichtige Reise nach Sizilien antreten. Dort erwarten ihn seine G7-Kollegen. Und außerdem wird er sich mit Papst Franziskus treffen. Die beiden verstehen sich nicht so gut. Franziskus ist besorgt wegen der kämpferischen Launen Trumps und kritisierte öffentlich dessen Einwanderungspolitik. Trump ist aufgrund der guten Freundschaft zwischen Franziskus und Obama misstrauisch.“
Flexibel, aber kein bisschen kohärent
Empfehlungen für die richtige Antwort Europas auf Trumps Zickzackkurs gibt Le Figaro:
„Zwei verschiedene Reaktionen sind denkbar. Entweder kann man sich durch die Anpassungsfähigkeit und den Realismus des 45. Präsidenten beruhigt fühlen. Oder man kann angesichts der Unbeständigkeit seiner Überzeugungen erschrecken. Trumps Stil besteht möglicherweise darin, keinen Stil zu haben. Weder was die Manieren, noch was die Regierungsweise betrifft. Er entscheidet von Fall zu Fall und impulsiv, um seine unmittelbaren Interessen zu befriedigen. Positiv daran ist die Flexibilität, oft jedoch zu Lasten der Kohärenz. Die Europäer müssen dieses Fehlen einer Vision zur Kenntnis nehmen. Und sie müssen sich dringend eine Diplomatie mit Rückgrat verleihen. Andernfalls werden wir dazu verdammt sein, hin- und hergerissen zu werden - je nach Laune des eigentümlichen Steuermanns in Washington.“