EU-Reform: Verpasst Osteuropa den Zug?
Emmanuel Macron und Angela Merkel setzen auf eine Reform der EU und eine vertiefte Integration der Eurozone. In Mittelosteuropa werden diese Pläne kritisch beäugt. Dort hat man Angst, von Kerneuropa abgehängt zu werden. Wie muss die Region sich nun positionieren? Ist eine Euro-Einführung für diese Länder das einzige Mittel, um sich nicht in der EU-Peripherie wiederzufinden?
Wohlstand kommt nur mit dem Euro
In Tschechien hat die Diskussion über einen Euro-Beitritt an Fahrt gewonnen, registriert Český rozhlas:
„Der Prager Zentralbanker Marek Mora warnt vor Eile und spricht vor allem über die Nachteile des Euro. Er würde den Tschechen nur Kosten bringen. Sie müssten sich an der Hilfe für die Griechen und andere südeuropäische Schuldenstaaten beteiligen. Hier wird eine typische Haltung Tschechiens sichtbar. ... Die Entwicklung bewegt sich wie ein Pendel von einer Seite zur anderen. Mit der Öffnung der Wirtschaft wurde es einst übertrieben, beim Euro halten wir uns lieber zurück. Wir geben uns zufrieden damit, dass heimische Betriebe als Teil großer westlicher Konzerne billig produzieren. Damit diese häufig uneffektiven Betriebe überleben, halten wir an der tschechischen Krone fest. Das ist der eigentliche Grund für die Ablehnung des Euro. Ohne den aber werden wir in der EU noch lange nur arme Verwandte bleiben.“
Bulgarien muss Opfer bringen
Wenn Bulgarien zu Kerneuropa gehören will, muss es bereit sein, wichtige Wettbewerbsvorteile wie niedrige Löhne und Steuern aufzugeben, meint die Wochenzeitung Kapital:
„In den kommenden Monaten und Jahren wird sich die EU rasant verändern. Es stehen Reformen an, die die sozial-, finanz- und militärpolitische Integration vorantreiben. Mitgliedstaaten, die nicht mithalten können, bleiben dann in der Peripherie. Für Bulgarien birgt das zweierlei Risiken. Auf der einen Seite droht Isolation, wenn die leistungsschwache Regierung mit dem neuen Tempo nicht mithalten kann. Auf der anderen Seite wird Bulgarien im Zuge der sozial- und finanzpolitischen Annäherung sein Steuer- und Sozialversicherungssystem ändern und somit entscheidende Wettbewerbsvorteile aufgeben müssen. Das ist auf den ersten Blick schlecht für die Wirtschaft, aber langfristig wären die Vorteile, in der ersten Reihe mitzuspielen, größer.“
Wir im Norden und die im Süden
Gość Niedzielny will Polen trotz der sich abzeichnenden intensiven Zusammenarbeit zwischen Berlin und Paris nicht abgeschlagen im Osten verorten. Europas wahre Trennlinie verlaufe zwischen dem Norden und dem Süden:
„Trotz der herzlichen Umarmungen zwischen Emmanuel Macron und Angela Merkel verbindet Frankreich und Deutschland gar nicht so viel. Und obwohl die Stimmung zwischen Warschau und Berlin angespannt ist, sind Deutschland und Polen gar nicht so weit voneinander entfernt. ... Die südlichen Länder Europas sehen eine Lösung ihrer Probleme darin, dass sie diese zu europäischen Problemen machen. So soll Deutschland die Verantwortung für die italienischen Schulden übernehmen und Polen zum Beispiel für Immigranten aus Griechenland sorgen. Deshalb ist Deutschland näher an Polen. Für unsere beiden Länder lohnt sich zwar der gemeinsame europäische Markt, aber kein europäischer Staat.“
Rumänien sollte sich zum Euro bekennen
Rumänien muss sich nun in Bezug auf eine Euro-Mitgliedschaft klar positionieren, meint der Politologe Valentin Naumescu auf dem Blogportal Contributors:
„Niemand zwingt uns dazu. Es ist unsere eigene Entscheidung (auch wenn wir nicht vergessen sollten, dass wir laut Beitrittsvertrag den Euro übernehmen müssen). … Doch es wäre gut, zumindest eine Perspektive zu entwickeln, damit Rumänien in die Gruppe der Reformer kommt. Ob der Beitritt zur Euro-Zone nun 2022, 2023 oder 2024 erfolgt, ist nicht wichtig. Wir sollten aber Rumänien zuliebe das Zeichen geben, dass wir einen Beitritt planen. ... Verpassen wir die Chance und bleiben wir außen vor, wird es für uns schlechter werden, als sich viele vorstellen können. Denn das vereinte Europa wird sich wie ein Igel zusammenziehen, um sich vor externen Bedrohungen zu schützen. Für Großbritannien ist der EU-Austritt nicht das Ende, wenngleich man diesen eines Tages bereuen wird. Für jedes andere Land in unserer Region wäre ein entsprechender Weg aber eine Katastrophe.“