Stolpert Trump über Russlandaffäre?
Donald Trump Jr. hat eine E-Mail-Korrespondenz vom Juni 2016 veröffentlicht, die seine Hoffnung belegt, durch ein Treffen mit einer russischen Anwältin belastende Informationen über die damalige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton zu erhalten. Das Chaos in Washington wird immer größer, fürchten Kommentatoren.
Moskau gewinnt so oder so
Für Moskau ist Trump ein Gewinn, egal ob er im Weißen Haus bleibt oder seinen Platz räumen muss, meint Dennik N:
„Russland kann zufrieden sein. Sein Hauptziel ist es, Amerika und das Vertrauen in die Demokratie zu schwächen sowie im Westen eine Krise und Chaos auszulösen. Wenn Trump mit seinen Manieren und ungeachtet der Übertretung von Gesetzen im Amt bleibt, das er in Zusammenarbeit mit einer fremden Macht errungen hat, die feindliche Ziele verfolgt, hat Russland sein Ziel erreicht. Das gilt aber sicher auch im umgekehrten Fall, wenn Trump sein Amt vorzeitig und in Schande verlassen muss. Auch das würde eine Krise und Verwirrung auslösen, was für Russland gut ist.“
Republikaner steuern in die Sackgasse
Für die Republikaner wird es immer schwieriger, Trump zu halten, kommentiert L'Obs:
„Seine Gesetzgebungsagenda war bereits höchst problematisch, zumal der Kongress in seinem Versuch feststeckt, Obamacare abzuschaffen und eine Steuerreform durchzubringen. Die enorme Ablenkung durch die Russlandaffäre macht alles noch schlimmer, so dass immer wieder die Frage aufkommt, wann (und ob) die Republikaner beschließen, dass Trump ein Auslaufmodell ist, das dringend aufgegeben werden muss. ... Seine engste Familie befindet sich nun im Visier der Justiz und die hochheilige Marke Trump ist direkt bedroht - mit allen Folgen, die dies für sein Imperium haben kann. … Dass die Episode anders als in einer Sackgasse endet, ist schwer vorstellbar.“
Die Schlinge zieht sich weiter zu
Mit der Veröffentlichung von E-Mails belastet Trump Jr. sich selbst, stellt NRC Handelsblad fest:
„Sehr bereitwillig begrüßte die Familie Trump offensichtlich das Angebot der russischen Regierung, beim Wahlkampf von Donald Trump gegen Hillary Clinton zu helfen. Anstatt ihn zu entlasten, treiben die E-Mails Trump Jr. - und damit auch seinen Vater - noch weiter in die Enge, vor allem auch, weil alle Beteiligten bislang über das Angebot geschwiegen hatten. Während die US-Geheimdienste Informationen über die russische Einmischung in die Wahl sammelten, hatte Trump Jr. den mutmaßlichen Beweis eines Versuchs dazu in seinem Besitz. Auch Kushner war bei dem Treffen anwesend und verschwieg alles. Immer wieder bagatellisieren die Trumps die von US-Geheimdiensten festgestellte russische Eimischung in die US-Wahl.“
Fatales Familiengeschäft
Die Affäre um die mutmaßliche Russland-Verbindung von Donald Trump Jr. verdeutlicht nach Ansicht der Neuen Zürcher Zeitung, wie schädlich familiäre Bande in der Politik sein können:
„Die Vorwürfe gegen seinen Sohn zeigen nun auf fast schon ironische Weise, wie problematisch die Doppelrolle der Kinder ist; denn es war ein russischer Geschäftsfreund der Familie Trump, der das besagte Treffen mit Donald Junior arrangierte. Auch wenn es nun für ihn opportun wäre, kann Trump seinen Sohn - anders als einst die Kandidaten seiner Fernsehshow - aber nicht entlassen und sich so von den Vorwürfen distanzieren. Die Familienbande sind eng - so eng, dass sie den Präsidenten womöglich noch ins Taumeln bringen.“
Profitiert am Ende Pence?
Falls im Zuge der Russlandaffäre auch Beweise für eine Verwicklung von Präsident Trump auftauchen, könnte es für ihn wirklich gefährlich werden, glaubt La Repubblica:
„In dem Fall könnte ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet werden, vor allem wenn die Demokraten künftig wieder die Mehrheit im Kongress haben sollten. Doch auch bei den Republikanern macht sich Unbehagen breit und inspiriert Vizepräsident Mike Pence zu einer sibyllinischen Erklärung. ... Er habe nichts vom dem Treffen des Trump-Clans mit einer angeblich der russischen Regierung nahestehenden Anwältin gewusst. Zudem stellte Pence klar, dass all dies geschah, als er noch gar nicht zum Vize auserkoren war. ... Im Fall eines Amtsenthebungsverfahrens übernimmt, wie man weiß, der Vize das Amt des Präsidenten.“