Ist der Widerstand der Trump-Mitarbeiter richtig?
Erneut setzen Enthüllungen aus dem Weißen Haus US-Präsident Trump unter Druck. Reporterlegende Bob Woodward berichtet in einem Buch, dass dessen Mitarbeiter Anweisungen missachten, um politischen Schaden zu verhindern. Und ein anonymer Regierungsmitarbeiter macht in der New York Times seinem Chef schwere Vorwürfe. Doch der Widerstand aus Trumps eigenen Reihen ist nicht unumstritten.
New York Times führt eine heldenhafte Schlacht
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die New York Times mit einem US-Präsidenten duelliert, erinnert La Vanguardia:
„Sie tat es bereits 1971, als sie Pentagon-Unterlagen veröffentlichte, und den Vietnam-Krieg hinterfragte. Und auch der damalige Präsident Richard M. Nixon sparte nicht an Drohungen und Beleidigungen gegenüber dem Flaggschiff der liberalen US-Presse. ... Uns steht eine wahre Jahrhundert-Schlacht bevor. Trump wird den Hass seiner Anhänger gegen die 'Eliten' und die 'liberale Presse' schüren und man darf nicht ausschließen, dass der Vorfall die Vorurteile seiner Wähler stärkt. Für die New York Times ist es eine goldene Gelegenheit, ihr Prestige zu stärken, in Zeiten der Tweets, die vierte Macht im Staat wiederzuerlangen und die Exzesse des Präsidenten zu bremsen. Dem werden seine beiden verbleibenden Amtsjahre wie eine Ewigkeit vorkommen. Ihm und dem Rest der Welt.“
Immerhin wurde Trump gewählt
Die Hoffnung auf die Trump-Gegner innerhalb der US-Regierung zu richten, ist für die Frankfurter Allgemeine Zeitung nicht unproblematisch:
„Man mag es den Widerständlern abnehmen, dass es ihnen allein um das Wohl des Landes geht; Trump verachtet Grundprinzipien der politischen Ordnung Amerikas. Aber sind diese Leute dennoch befugt, die Regierung in die 'richtige' Richtung zu führen, weil sie die Richtung, die Trump einschlägt, wie viele andere für falsch halten? Man kann und muss es bedauern, aber Trump ist nun einmal von rund 63 Millionen Wählern zum Präsidenten gewählt worden, den Autor und die anderen Widerständler hat niemand gewählt. Trumps Wähler werden die Geschichte vom 'tiefen Staat', der die Erlösung des amerikanischen Volkes verhindere, nun erst recht glauben.“
Demokratie ist das erste Opfer
Ähnlich sieht die Dinge Politiken:
„Donald Trump ist ein demokratisch gewählter Präsident. Die Methode der Beamten ist hingegen tief undemokratisch. Wenn sie meinen, dass der Präsident für sein Amt ungeeignet ist, müssen sie den Vizepräsidenten und eine Mehrheit der Minister dazu bringen, eine Amtsenthebung im Kongress anzustreben. So sind die demokratischen Spielregeln in den USA. Deshalb gilt: Auch wenn man Verständnis für die Ziele der Beamten haben kann, so ist doch die Demokratie das erste Opfer. Und für große Teile der amerikanischen Wähler, die Trump als ihren Freiheitskämpfer gegen den Sumpf der Eliten in Washington ansehen, ist das Wasser auf die Mühlen.“
Das riecht nach konservativer Gewissensberuhigung
Nach den Motiven des Verfassers des NYT-Beitrags fragt der USA-Korrespondent von De Volkskrant, Michael Persson:
„Die zynische Interpretation ist, dass der Autor vor allem seine eigene Haut retten will. Nach dem Krieg war auch jeder im Widerstand. ... Und es ist Wahlkampf. Mit seiner Widerstands-Geschichte suggeriert der Autor, dass es eine parallele, anständige konservative Strömung neben dem Populismus von Trump gibt. Anständige Konservative könnten also im November mit ruhigem Gewissen einen republikanischen Kandidaten wählen. ... Die Enthüllung wird sicher zur Entlassung [des Verfassers des Beitrags] führen. Aber die größere Gefahr ist, dass dieses Stück in den Augen von Trump und seinen Anhängern die Existenz eines 'tiefen Staates' bestätigt, eines Staates von Insidern, die gegen den demokratisch gewählten Präsidenten arbeiten.“
Trump-Fans werden unbeeindruckt bleiben
Der Hass vieler US-Amerikaner auf das Establishment wird sie - trotz der jüngsten Enthüllungen - zu ihrem Präsidenten stehen lassen, ist The Times überzeugt:
„Es scheint einen Kern an Bürgern zu geben, die Donald Trump unterstützen, egal was passiert. ... Sie machen ungefähr 20 Prozent der Wähler aus. Doch es scheint mehr US-Amerikaner zu geben, die nicht aus persönlicher Loyalität Trump akzeptieren, sondern weil sie prinzipiell Verbundenheit mit ihm empfinden und den Glauben teilen, dass der Präsident trotz seiner möglichen Fehler der einzige ist, der gegen eine Kultur und ein politisches System kämpft, die gegen sie gerichtet sind. Trumps Wähler eint die Feindseligkeit gegenüber einem Establishment, das sie - trotz oder vielleicht wegen der Präsidentenwahl 2016 - weiterhin verachtet und eine linksliberale Weltsicht vorantreibt.“