Niederlande vereiteln russischen Hackerangriff
Die Niederlande haben im April vier Russen ausgewiesen, die versucht haben sollen, in das Computernetzwerk der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) in Den Haag einzudringen. Das teilte das Verteidigungsministerium am Donnerstag mit. Es vermutet den russischen Militärgeheimdienst GRU hinter dem Angriff. Wie sollte Europa auf russische Cyberattacken reagieren?
Schluss mit dem Schmusekurs
Vor dem Hintergrund der russischen Hackerangriffe sollte die österreichische Regierung ihre Annäherung an Moskau schleunigst beenden, fordert Der Standard:
„Heute ist kein westliches Land vor Putins IT-Experten sicher. Das liegt auch daran, dass Cybersicherheit die Achillesferse unserer vernetzten Gesellschaft ist - und ein opportunistischer Machtmensch wie Putin jede Schwäche seiner Gegner ausnützt. Nicht immer gehen seine Leute dabei sehr geschickt vor. Der Angriff auf die OPCW diente offenbar bloß dazu, die Spuren des missglückten Giftanschlags auf den Ex-Spion Sergej Skripal in Salisbury zu verwischen. Wozu der Cyberangriff auf den Deutschen Bundestag 2015 gut gewesen sein soll, ist noch weniger klar. Jedenfalls führt Putins rechtlose Hackerstrategie sein Land in die internationale Isolation - und lässt die Dialogbereitschaft der Regierung in Wien immer unpassender erscheinen.“
Cyber-Abwehr geht uns alle an
Die Cyberangriffe zielen auf eine Zerstörung des Vertrauens der Öffentlichkeit in das demokratische System, analysiert La Croix:
„Der digitale Kosmos bietet Staaten und böswilligen Gruppen vielfache Möglichkeiten, die Prinzipien, auf denen die Demokratien beruhen, gegen diese zu kehren: Offenheit sowie Meinungs- und Informationsfreiheit. ... Diese Kämpfe erfordern neue Verteidigungsinstrumente. Frankreich hat bereits eine Cyber-Abwehreinheit mit mehreren tausend Mitarbeitern unter der Führung der Verteidigungsministerin eingerichtet. Der Kampf um die öffentliche Meinung hängt aber auch von der Fähigkeit der Demokratien ab, Zuspruch von ihren Bürgern zu bekommen. Und nicht zuletzt ist es Aufgabe der Zivilgesellschaft und der Medien, Antikörper zu entwickeln, um gesellschaftlichen Widerstand zu leisten.“
Wider die kriminelle Bande im Kreml
Russland darf nicht ungestraft davonkommen, fordert De Telegraaf:
„Die Entlarvung der russischen Agenten in Den Haag ist ein wichtiger Teil der westlichen Reaktion auf das aggressive, rücksichtslose und schamlose Vorgehen von Präsident Putins Spionen-Armee. Der Versuch, die Organisation gegen Chemiewaffen zu hacken, beweist, dass die Russen denken, ungestraft auf dem Gebiet anderer Staaten zuschlagen zu können. Davor war das der Fall bei der Giftgasattacke in Großbritannien. ... Russland verstößt systematisch gegen das Gesetz, opfert Menschen und spielt dann die Unschuld selbst. Es wird Zeit, mit härteren Sanktionen gegen die kriminelle Bande im Kreml vorzugehen.“
Hier hört die übliche Spionage auf
Der russische Militärgeheimdienst GRU hat laut Echo-Moskwy-Chefredakteur Alexej Wenediktow die Grenzen der üblichen Spionage überschritten:
„Cyberattacken sind auch nur ein Instrument der Informationsbeschaffung. Früher hat man Diplomatenpost kopiert oder Geheimdokumente auf Mikrofilm fotografiert. ... Doch es gibt einen prinzipiellen Unterschied: Das eine ist der Diebstahl von Daten, das andere ist, sie zu vernichten oder zu verändern oder gar einen Mordanschlag zu begehen. Das ist nicht mehr Spionage im klassischen Sinne, das ist Sabotage. Es scheint, dass Sabotage - der Versuch, Skripal umzubringen, die Einmischung in Wahlen mit dem Ziel, das Ergebnis zu verändern, Eingriffe in die Arbeit eines Chemielabors - der Grund war, warum die Nato-Länder öffentlich so scharf reagieren.“
Fehlschläge setzen Putin unter Druck
Die in letzter Zeit aufgedeckten Operationen der russischen Geheimdienste im Westen zeigen, dass diese längst nicht mehr so gut sind, wie sie selbst gerne glauben, spottet The Times:
„Die Ereignisse der vergangenen Monate haben der Welt, aber auch den Russen vor Augen geführt, dass die Spione des Landes ihrem furchterregenden Ruf nicht mehr gerecht werden. Sie scheitern auf offensichtliche und spektakuläre Weise. ... Die Bloßstellung der Unfähigkeit der GRU-Mitarbeiter ist für Präsident Wladimir Putin mehr als nur peinlich. Sie könnte seine Machtposition ernsthaft untergraben. Die russischen Geheimdienste bemühen sich ja seit jeher redlich, den von ihnen selbst geschaffenen Eindruck zu bestätigen, Meister der Tarnung, unsichtbar und allgegenwärtig zu sein. Tatsächlich scheint es eher so, als stünde der Kaiser ohne Kleider da.“