Huawei: USA drohen Deutschland
Die USA warnen Deutschland und andere Länder davor, den chinesischen Netzwerkausrüster Huawei mit dem Ausbau des 5G-Netzes zu beauftragen. Die USA drohen Berlin damit, die Geheimdienstzusammenarbeit zu beenden, sowie die militärische Zusammenarbeit innerhalb der Nato einzuschränken, da sie glauben, China könnte die sensible Infrastruktur missbrauchen. Wie muss Europa reagieren?
Ohne NSA ist Deutschland taub und blind
Die Drohung der USA gegenüber Deutschland wiegt schwer, analysiert Gazeta Wyborcza:
„Der Botschafter warnte, dass die Amerikaner aufhören würden, geheime Informationen über Armee, Geheimdienst und Terrorismusbekämpfung zu teilen. Wenn das wirklich passiert, haben deutsche Geheimdienste ein Problem. Die Zusammenarbeit war bisher eng: Die Deutschen sind Subunternehmer der US-amerikanischen National Security Agency und haben in deren Auftrag Telefonate und Emails in aller Welt mitgehört und gelesen. Seit einigen Jahren informieren die Amerikaner die Deutschen über terroristische Zellen, die in ihrem Land operieren. So konnten viele Attentate vereitelt werden. ... Es ist zudem schwer vorstellbar, dass eine militärische Kooperation innerhalb der Nato möglich wäre, wenn die Amerikaner Berlin von ihren Daten abschnitten.“
Berlin, Paris und London an einen Tisch bringen
Die Frage "Huawei, ja oder nein?", verlangt nach einer europäischen Antwort, meint das Handelsblatt:
„In Frankreich zum Beispiel werden Huawei-Produkte vor allem für periphere Aufgaben an den Rändern der Telekomnetze eingesetzt. Paris samt seiner Umgebung ist für die Chinesen tabu. Die britische Cyberabwehr wiederum traut sich zu, die Huawei-Produkte so weit unter die Lupe zu nehmen, dass sie die verbleibenden Risiken für managebar hält. Warum haben sich Berlin, Paris und London nicht längst zusammengesetzt, ihre Erfahrungen ausgetauscht und eine gemeinsame Haltung gegenüber der möglichen Bedrohung aus China und den Sorgen der USA entwickelt? “
US-Amerikaner spionieren genauso wie Chinesen
Vor welches Dilemma die Rivalität der USA und China andere Länder stellt, erklärt das Technik-Magazin Wired:
„Wenn Sie nicht US-Amerikaner oder Chinese sind, kann es schwer fallen, zu erkennen, wie fundamental sich die Vereinbarungen zwischen der US-Regierung und US-Technologiefirmen von jenen der kommunistischen Partei in China mit dortigen Technologiefirmen unterscheiden. In einer Welt, in der die USA und China als die beiden technologisch immer stärker dominierenden Supermächte um die globale Vormachtstellung ringen, sehen Regierungen und Technologiefirmen anderer Länder ihre Optionen allesamt als mögliches Risiko für die eigene Sicherheit. Oder um es anders zu sagen, sie fragen sich: Wer soll mich ausspionieren, die Amerikaner oder die Chinesen?“
Technologischen Rückstand aufholen
Anstatt Huawei einfach den Marktzugang zu verweigern, sollten die Europäer besser eine Strategie zur Förderung von Spitzentechnologien entwickeln, fordert L'Opinion:
„Es geht um den Schutz vor Industriespionage sowie um die technologische Souveränität Europas. ... Huawei ist den europäischen Herstellern Nokia und Ericsson voraus, außerdem spornt das Unternehmen den Wettbewerb an. Huawei auszuschließen, kann sich als nachteilig erweisen, wenn der europäische Telekommunikationssektor dadurch um seine Innovationskraft und günstige Preise gebracht wird. Wie auch im Fall der Fusion von Siemens und Alstom in der Bahntechniksparte brauchen die Europäer einen Plan, um ihren technologischen Rückstand aufzuholen und um Forschung und Entwicklung mit Blick auf europäische Spitzentechnologien zu finanzieren.“
EU muss sich vor China schützen
Die Debatte über Huawei legt die Verletzbarkeit Europas offen, betont die linksliberale Europa-Abgeordnete Marietje Schaake in De Volkskrant:
„Nationale Untersuchungen von nationalen Sicherheitsrisiken und das Versteigern der 5G-Frequenzen auf nationaler Ebene, während die Marktregeln grenzüberschreitend gelten, spielen China in die Hände. Die EU muss für den internationalen Handel offen bleiben, darf aber nicht länger naiv sein. Wenn man 5G zur kritischen Infrastruktur macht, muss jedes Unternehmen, das die Technologie anbietet, strenge Sicherheitsanforderungen erfüllen. ... Wenn wir in Europa klug mit Akteuren umgehen wollen, die wirtschaftliche, politische und strategische Macht bündeln, dann müssen einige nationale Tabus fallen.“
Klare Ansage Pompeos in V4-Staaten
Bei Besuchen in Budapest, Bratislava und Warschau warnt US-Außenminister Pompeo derzeit vor dem Netzwerkausrüster Huawei und dessen Absicht, ostmitteleuropäische Länder mit dem 5G-Netz auszurüsten. Die Botschaft ist unmissverständlich, paraphrasiert Hospodářské noviny die Worte Pompeos:
„Unsere größte Sorge ist der Aufstieg Chinas. Aus unserer Sicht wird der strategische Wettbewerb mit Peking die US-Außenpolitik bestimmen. Und wenn es in Ihrem nationalen Interesse ist, an unserer Seite zu stehen, werden wir unseren Teil der Vereinbarung weiter erfüllen. Sie müssen sich um Ihre Sicherheit keine Sorgen machen - auch nicht um Russland. Das ist ein klares Angebot: Das Bündnis mit den USA hat Sie nie im Stich gelassen. Eines mit China wäre ein unabsehbares Experiment. Das ist ein Angebot der USA, das man nicht ablehnen kann.“