Nahost-Konferenz in Warschau: Was wird verhandelt?
Polen und die USA haben Vertreter aus 60 Ländern nach Warschau geladen, um zwei Tage lang über die Lage im Nahen Osten zu beraten. Die Tagung ist umstritten, weil sie Kritikern als Anti-Iran-Konferenz gilt. Doch dass Vertreter Teherans nicht mit am Tisch sitzen, ist für Kommentatoren nicht der einzige fade Beigeschmack der Zusammenkunft.
Gruppenbild ohne Iran
Das eigentliche Ziel der Konferenz ist, eine Anti-Iran-Front zu schaffen, analysiert La Stampa:
„Der Sinn dieses zweitägigen Gipfels liegt vornehmlich im abschließenden Gruppenbild. Unter den Vertretern von mehr als 60 Nationen sieht man Netanyahu, den saudischen Außenminister Adel al Jubeir, den Außenminister der Emirate, Oman Yusuf bin Alawi, sowie Vertreter von Jordanien, Algerien, Ägypten, Bahrain und Jemen ausnahmsweise Schulter an Schulter stehen. Ein schönes Stück der sunnitischen Welt, die sich gegen das versammelt hat, was US-Außenminister Pompeo 'die größte Bedrohung für die Stabilität der Region' nennt. ... Dafür nimmt der Iran an dem russisch-türkischen Gegengipfel zu Syrien teil und prangert diejenigen an, die seiner Meinung nach in Polen auf den Angriff anstießen, bei dem am Mittwoch mehr als 20 Mitglieder der Revolutionsgarde starben.“
Die USA säen Zwietracht
Die Süddeutsche Zeitung schreibt Washington gewaltiges Spaltpotenzial zu:
„Alleine einen Auftritt in einer europäischen Hauptstadt zu nutzen, um Frankreich, Großbritannien und Deutschland frontal wegen des Atomabkommens mit Iran zu attackieren, ist ein unfreundlicher Akt. Dies in Warschau zu tun, wo Europaskeptiker regieren, ist ein Versuch, im Namen einer 'neuen Ära der Zusammenarbeit', wie Außenminister Pompeo es verbrämte, einmal mehr die Europäische Union zu spalten. ... Europa tut gut daran, besonnen zu reagieren und sich darauf einzustellen, dass es noch zu heftigen Turbulenzen kommen wird mit Trumps Amerika. Allerdings scheinen manche in der EU auf Seperat-Deals mit dem Weißen Haus zu schielen. Nur so ist zu erklären, dass Polen bereit war, diesen Gipfel auszurichten.“
Polen in der Zwickmühle
Gość Niedzielny sieht das Gastgeberland in einer ausweglosen Situation:
„Polen ist in eine Falle ohne Ausweg geraten und muss deshalb alles auf eine Karte setzen: auf ein Bündnis mit den Vereinigten Staaten. Das lässt uns keinerlei Freiheit bei der Gestaltung der Beziehungen zu Drittländern - was am Ende zu einer Schwächung der Beziehungen zu anderen Mächten führt. Die Falle ist umso schwerwiegender, als es eigentlich keine anderen Handlungsoptionen gibt. Denn ist es für uns eine Alternative, wie die Opposition argumentiert, sich in der Frage des Iran 'solidarisch' an die Haltung der Europäischen Union zu halten? Soll uns etwa Deutschland eine Sicherheitsgarantie geben, das gerade im Begriff ist, einen weiteren Gasdeal mit Russland abzuschließen, der unsere Sicherheit untergräbt?“