Wahl in Polen: Ein Spaziergang für die PiS?
Am Wochenende findet in Polen die Parlamentswahl statt. Alles deutet darauf hin, dass die regierende PiS erneut als stärkste Kraft aus dem Urnengang hervorgehen wird. Die europäische Presse diskutiert, warum die Nationalkonservativen so beliebt sind und ob die Opposition vielleicht doch noch eine Chance hat.
Sozialleistungen zementieren die Wählergunst
Wie die PiS in Polen ihre Position gesichert hat, erklärt hvg:
„Die kontinuierliche Unterstützung für die PiS-Regierung liegt an den populären Wohfahrtsmaßnahmen, die sie ergriffen hat. In den Gesellschaftsschichten, die das Gefühl hatten, dass die 2015 gescheiterte Koalition unter der Bürgerplattform (PO) elitär geworden sei, wurden sie begeistert aufgenommen ... Die Senkung des Rentenalters, Beihilfen für die Landwirte und vor allem die monatliche Familienbeihilfe von 500 Złoty für das zweite Kind haben die Unterstützung für die PiS zementiert, besonders auf dem Land. So sehr, dass auch die Kommunalwahlen, bei denen letztes Jahr Warschau und fast alle anderen Großstädte unter die Kontrolle der Opposition kamen, ihre Macht nicht erschüttern konnten.“
Die Regierung lässt die Bürger im Stich
Die PiS baut kein nachhaltiges Sozialsystem auf, kritisiert hingegen Polityka:
„Es scheint, als würde die Regierung nicht begreifen, vor welchen Herausforderungen die polnische Gesellschaft steht. Ein Kind wird sich bald um seine Eltern, die Großmutter und den Großvater kümmern müssen. Einer von ihnen wird Parkinson haben, der andere Alzheimer. Das sind Krankheiten, die eine ständige Betreuung erfordern, und das über zehn Jahre und länger. Die Regierung sollte heute ein System der Unterstützung für ältere und kranke Menschen vorbereiten. Aber das passiert nicht. Indem der Staat Millionen für das Kindergeld 500 Plus ausgibt und in den Schulen ein Chaos anrichtet, das er als Reform bezeichnet, vernachlässigt er seine wirkliche Verantwortung.“
Polen tritt in Ungarns Fußstapfen
Bei den Parlamentswahlen steht Polens Demokratie auf dem Spiel, warnt die Neue Zürcher Zeitung:
„[Die regierende PiS] hat bereits erklärt, die Justizreform 'vollenden' und Medien im ausländischen Besitz 'nationalisieren' zu wollen. ... Das sind düstere Aussichten. In Ungarn sprechen Politologen inzwischen von einem zwischen Demokratie und Diktatur anzusiedelnden Hybridregime, weil es zwar einen politischen Wettbewerb und freie Wahlen gibt, ein Machtwechsel nach bald zehn Jahren unter Orban aber aufgrund der institutionellen Ordnung nur noch schwer möglich ist. Diese Entwicklung droht auch in Polen. Dort ist zwar die Bürgergesellschaft noch lebendig und die Medienlandschaft vielfältig, doch das Beispiel Ungarn zeigt, wie fragil auch diese demokratischen Grundpfeiler sind. Es steht viel auf dem Spiel.“
Regierungspartei lockt mit sozialen Wohltaten
Der klare Vorsprung der PiS in den Umfragen hängt maßgeblich mit deren Sozialpolitik zusammen, merkt Právo an:
„Es geht dabei vor allem um den Zuschuss 500 plus, der für neugeborene Kinder gilt. Dazu kommen eine erhöhte Armenbeihilfe sowie eine 13. und 14. monatliche Rente für die Pensionäre. Während die Opposition Kaczyński vorwirft, er kaufe die Wähler, kontert der, er habe nur begonnen, die Gewinne des Staats gerecht an diejenigen zu verteilen, die in Polen über Jahrzehnte vergessen worden seien. Da die Regierungspropaganda von morgens bis abends behauptet, die Opposition würde bei einem Sieg als erstes das Programm 500 plus beenden, scheint alles klar zu sein. Die magische Kraft des Geldes zeigt sich in ihrer vollen Stärke.“
Die Opposition will ihre Gegner einschläfern
Die Opposition will ihre Chancen mit einem Strategiewechsel verbessern, meint Gazeta Wyborcza:
„Der heftige Wahlkampf vor der Europawahl basierte auf einer starken Spaltung in PiS-Befürworter und PiS-Gegner. Wie die Ergebnisse zeigten, mobilisierte die Polarisierung die PiS-Wähler mehr als diejenigen der Opposition, da sie bei ihnen das Gefühl hervorrief, in einer 'belagerten Festung' zu sitzen. Wohl deshalb ist der Wahlkampf der Opposition vor der Parlamentswahl viel versöhnlicher: Małgorzata Kidawa-Błońska, die Kandidatin auf den Posten der Premierministerin, posiert auf den allgegenwärtigen Plakaten neben dem groß gedruckten Slogan 'Kooperation statt Streit' und umarmt dabei eine ältere Frau. Diese Taktik nennt man im Fußball 'den Gegner einschläfern'. Sie beruht darauf, so lange ruhig zu bleiben, bis die gegnerische Mannschaft vor Langeweile die Konzentration verliert.“
Paris und Berlin sehen Warschau als Hemmschuh
Das Ansehen Polens bei seinen EU-Partnern ist derzeit auf einem Tiefstand, konstatiert Les Echos:
„Die Regierung in Warschau spielt ein falsches Spiel. Sie mimt gern das Opfer und ist stets bereit, Verschwörungstheorien hervorzuholen. Das Rechtsstaatsverfahren des EU-Gerichtshofs wird in Warschau als politischer Angriff interpretiert, das der sozialdemokratische [EU-Justizkommissar] Timmermans gegen die konservative Regierung inszeniert. Polens Unnachgiebigkeit gegenüber Zuwanderern und Flüchtlingen, seine Weigerung, bei der Klimawende aufs Gas zu drücken, und seine engstirnige Vision eines Europa der Nationen haben das Land in die Kategorie von Nationalisten manövriert, mit denen eine Zusammenarbeit schwierig, wenn nicht sogar unmöglich ist. Aus Sicht von Berlin und vor allem von Paris bleibt Polen ein Hemmschuh für die Weiterentwicklung Europas.“