USA: israelische Siedlungen keine Völkerrechtsverletzung
Die USA haben erklärt, dass sie den Bau von Siedlungen im Westjordanland nicht grundsätzlich für unvereinbar mit dem Völkerrecht halten. Eine Aussage, die die Position Netanjahus stützt - nachdem bereits die Annexion der Golanhöhen und Jerusalem als israelische Hauptstadt anerkannt wurden. Der Vorstoß begräbt den Friedensprozess, fürchten Kommentatoren und zeigen auf, was die EU jetzt tun sollte.
Nagel im Sarg der Zweistaatenlösung
US-Außenminister Pompeo hat mit wenigen Worten die bestmögliche Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern wohl endgültig begraben, klagt Avvenire:
„Er liquidierte Jahrzehnte der amerikanischen Außenpolitik, die zumindest seit dem Hansell-Memorandum 1978 in den 'Kolonien' Israels ein Problem sah, das gelöst werden musste, und kein Anrecht des Landes. ... Außerdem hat Pompeo einen weiteren Nagel in den Sarg der Zweistaatenlösung getrieben, die nach wie vor der vernünftigste Versuch ist, den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern zu lösen. Und er hat gezeigt, wie sicher sich die amerikanische Regierung ist, die politischen Kräfte der arabischen Länder kontrollieren zu können, die sich für die palästinensische Sache offenkundig nur halbherzig interessieren.“
EU muss Druck ausüben
Europa kommt nun eine entscheidende Rolle zu, urteilt Upsala Nya Tidning:
„Die Hoffnung liegt bei der EU. Für den durchschnittlichen, Europa zugewandten Israeli ist es wichtig, was die EU meint. Wichtiger, als was amerikanische rechte Christen darüber denken. In der vergangenen Woche entschied der Europäische Gerichtshof, dass deutlich werden muss, wenn Produkte aus den okkupierten Gebieten just dort hergestellt worden sind, und nicht einfach 'made in Israel'. Der Druck muss aufrecht erhalten werden. Bald könnte es in Israel wieder Neuwahlen geben. Mit den Extremisten am Ruder würde die Hoffnung auf eine friedliche Lösung zwischen Israel und Palästina bald versiegen.“
Pyrrhussieg für Netanjahu
Für Israel könnte sich die Entscheidung noch als fatal erweisen, glaubt Gazeta Wyborcza:
„Es ist ein Pyrrhussieg. Trump gibt grünes Licht, aber er wird keinen Schutzkonvoi schicken, weil sich die USA aus dem Nahen Osten zurückziehen. Es ist auch sehr wahrscheinlich, dass ein künftiger demokratischer Nachfolger eine radikal andere Politik gegenüber Israel verfolgen wird. Für diese Unterstützung Netanjahus kann Israel einen hohen Preis zahlen. Und es ist nicht einmal bekannt, ob sie den Sieg des Premiers bringen wird: Bei der Wahl im April sicherte ihm die ebenfalls rechtswidrige amerikanische Anerkennung der Souveränität Israels über die Golanhöhen jedenfalls nicht genügend Stimmen.“
Ablenkung von innenpolitischen Problemen
Die konservative Tageszeitung Karar kritisiert die US-amerikanische Entscheidung:
„Der US-amerikanische Außenminister sagt höflich, man akzeptiere jetzt nicht mehr universell geltendes Recht, sondern das Recht des Stärkeren. Wenn [Trumps] Schwiegersohn Kushner bald einen Plan präsentiert, den er vorbereitet haben soll, würde das nicht verwundern. Die aktuelle Konjunktur ist für solche Schritte der vollendeten Tatsachen besonders günstig. Sowohl Trump als auch Netanjahu sind unter Druck. In den USA läuft ein Amtsenthebungsverfahren. In Israel gelingt es nicht, eine Regierung zu bilden. Neue und kreative Lösungen werden benötigt, um die Tagesordnung zu ändern und die Unterstützung der Öffentlichkeit zu erhöhen.“
Trump gefährdet das Völkerrecht
Mit ihrer Unterstützung der Siedlungspolitik senden die USA unheilvolle Signale weit über den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern hinaus, analysiert Politiken:
„Mit seiner verantwortungslosen Haltung untergräbt Trump eine der wichtigsten Regeln des Völkerrechts: dass man sich Territorium nicht mit Macht aneignen darf. Wenn man diese Regel missachtet, dann sind Brutalität und Instabilität weltweit Tür und Tor geöffnet. Beispielsweise erscheint dann plötzlich unklar, weshalb man Russlands Annexion der Krim nicht anerkennen sollte. Warum ist hier etwas verwerflich, was Israel gerne tun darf?“
So isoliert waren die Palästinenser noch nie
Die Chance auf einen palästinensischen Staat schrumpft auf ein Minimum, klagt La Vanguardia:
„Noch nie standen die Palästinenser so alleine und schutzlos da. Schließlich sind die USA das einzige Land, das in der Lage wäre, Israel zu beeinflussen und zu überzeugen. Donald Trump verzichtet nicht nur darauf, die übelsten Impulse von Netanjahu zu bremsen, sondern er feuert sie aus verschiedenen Gründen auch noch an. ... Die Isolation der Palästinenser war noch nie so groß wie heute. Ihre Causa verliert auf der internationalen Agenda immer mehr an Rückhalt - sogar von Seiten der arabischen Welt - und die innere Spaltung schwächt sie zusätzlich. Die Hoffnungen auf einen Staat Palästina schwinden, weil ohnehin nur eine begrenzte Fläche an Land da ist. Und davon steht mit jedem Tag weniger zur Verfügung.“
Jetzt bitte keine Krokodilstränen
Die Tageszeitung Kurier sieht keinen großen Unterschied zur Nahostpolitik früherer US-Regierungen:
„Was haben denn bisherige US-Administrationen [für die Zweistaatenlösung] getan? Wo waren denn Schritte gegen den ungebremsten Siedlungsbau in den besetzten Gebieten (außer eine amerikanische Stimmenthaltung bei der letzten einschlägigen UN-Resolution). Wer in Washington hat Israel gebremst, statt zuzuschauen? Und apropos Europa: Wo war ein nur im Ansatz Ernst zu nehmender Beitrag Europas zu einer Nahost-Lösung? Donald Trump ist ein Elefant im Porzellanladen der Weltpolitik. So trampelt er auch durch Nahost. Geschenkt. Dass Andere dort an schönem Porzellan gebastelt haben, ist aber eine Mär.“