Proteste im Iran gewaltsam niedergeschlagen
Eine drastische Erhöhung des Benzinpreises hat im Iran zu Massenprotesten geführt. Nun hat das Regime hart gegen die Demonstranten durchgegriffen: Über 100 Menschen sollen bereits ums Leben gekommen sein, und 180 Anführern – von der Regierung als "Söldner" des Auslands bezeichnet - drohen drakonische Strafen. Was sind die wahren Gründe für den Volkszorn – und wie sollte Europa nun reagieren?
Europa muss den Dialog suchen
Um die Logik zu durchbrechen, die Protestierenden seien "Söldner des Auslands", darf der Westen das Land nicht weiter isolieren, fordert Le Monde:
„Die unbarmherzige Unterdrückung der regimekritischen Protestbewegung ist ein Wendepunkt in der Geschichte der Islamischen Republik. ... Statt die Konfrontation ständig anzuheizen - wie es Washington tut und damit nur die radikalsten Mitglieder des Regimes in ihrer Rhetorik einer belagerten Festung bestätigt -, sollten sich die Europäer gemeinsam für die Wiederaufnahme eines klaren Dialogs starkmachen. Um der unter Mangel und Repression leidenden iranischen Bevölkerung zu helfen, sollte man das Land nicht isolieren, sondern alles tun, um die Beweggründe weltweit bekannt zu machen, die der Revolte zugrundeliegen, und um ein erneutes Blutbad zu verhindern.“
Mehrheit des Landes ist arm und unterdrückt
Das unterdrückerische System, in dem weite Teile der Bevölkerung in Armut leben, ist für Karar der Grund für die Proteste:
„Ein Durchschnittsiraner würde sich vielleicht mit der Unterdrückung arrangieren, wenn er keine finanziellen Probleme hätte, und mit den finanziellen Problemen, wenn es keine Unterdrückung gäbe. Aber Unterdrückung und finanzielle Probleme – das kann die Bombe zum Explodieren bringen. Apropos finanzielle Probleme: Die iranische Regierung wollte die Mehreinnahmen aus der Benzinpreiserhöhung, die zu den landesweiten Protesten führte, unter 18 Millionen armen Familien verteilen. Nochmals: 18 MILLIONEN ARME FAMILIEN. Iran hat eine Bevölkerung von 82 Millionen. Wenn Familien durchschnittlich aus drei Personen bestehen, betrifft das 54 Millionen Menschen, fast zwei Drittel der Bevölkerung. Eine Katastrophe.“
Iraner haben genug von Khameneis Klischees
Dass die religiöse Führung mal wieder den USA und dem Ausland die Schuld für innenpolitische Probleme gibt, geht der Bevölkerung auf die Nerven, meint Club Z:
„Die gewohnten und stereotypen Anfeindungen des Regimes gegenüber angeblichen ausländischen Agenten und Feinden hängen den Iranern und der ganzen Welt zum Hals raus. Wie schon bei den Protesten von 2017 und Anfang 2018 protestieren die Menschen gegen die gescheiterte Wirtschaftspolitik Teherans sowie gegen Inflation und Arbeitslosigkeit. … Dieselben stereotypen Erklärungen lieferte das Regime auch während der Grünen Revolution 2009, bei der die Iraner gegen die gefälschte Präsidentschaftswahl und gegen die Einmischung des Obersten Führers zugunsten von Mahmud Ahmadinedschad protestierten.“