Ja oder nein zu Corona-Bonds?
Am heutigen Dienstag beraten die EU-Finanzminister erneut über die Einführung gemeinsamer Euro-Anleihen, um die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise abzufedern. Italien und Spanien sind starke Verfechter dieser Corona-Bonds, Deutschland und die Niederlande lehnen sie bislang ab. Kommentatoren warnen davor, dass die EU an dieser Frage zerbrechen könnte.
Deutschland sprengt die Gemeinschaft
Deutschland missbraucht die EU allein für seine Zwecke, klagt Traian Ungureanu, Journalist, rumänischer Politiker und ehemaliger EU-Parlamentarier, auf dem Blogportal der Tageszeitung Adevărul:
„Wenn die EU ihren Zweck und ihre Macht hätte beweisen wollen, dann wäre die Epidemie der zwingende Anlass gewesen. Aber nein! ... Die EU zeigte sich impotent und arrogant zugleich. Deutschland und seine Wohlstandssatelliten haben sich bissig geweigert, Italien und Spanien zu helfen. ... Eigentlich ist die EU nur eine Einrichtung, die auf Hochtouren läuft, um den starken Wirtschaftserfolg Deutschlands zu sichern und die in der Garage verschwindet, wenn die Wunden anderer Staaten verarztet werden müssen. Indem sich Deutschland und seine Satelliten weigern, der EU eine umfassende Bedeutung zu geben, erweisen sie sich als die erbittertsten Feinde einer echten Union.“
Es geht ums Überleben der EU
Das strikte Ablehnen von Corona-Bonds hält tagesschau.de für einen Fehler der Bundesregierung:
„Die Deutschen sollten zumindest auf den französischen Kompromiss-Vorschlag eingehen, der auf fünf oder zehn Jahre begrenzte gemeinsame, europäische Schulden ermöglicht. ... Diesmal geht es, wenn es schlecht läuft, um Überleben oder Untergang der ganzen EU: Reißt es Italien oder Spanien wirtschaftlich in den Abgrund, reißen sie Gesamteuropa gleich mit. Und damit auch Deutschland, das von diesem Europa so sehr profitiert wie niemand sonst. Die Bundesregierung kann jetzt den Beweis antreten, dass die EU wirklich eine Gemeinschaft ist, die schützt. Im Interesse Italiens, Spaniens - und dem eigenen.“
Geiz ist gut
Die Niederlande und Deutschland haben gute Gründe, dem Süden die Eurobonds zu verweigern, findet hingegen De Telegraaf:
„Der bekannte holländische Geiz zeigt sich auch bei der abweisenden Haltung gegenüber den südeuropäischen Ländern, die darum bitten, aus Solidarität den Geldhahn aufzudrehen. Es ist nicht wünschenswert, dass Ländern wie Italien und Spanien mit riesigen Schulden durch gemeinschaftliche Verpflichtungen geholfen wird. Dadurch bezahlen auch die Steuerzahler der sparsamen Länder wie die Niederlande die Rechnung. Premier Mark Rutte und Finanzminister Wopke Hoekstra haben zugegeben, dass ihre Haltung gegenüber dem Süden zu wenig empathisch war. Das ist reine Kosmetik. Denn sie bleiben nichtsdestotrotz hart. Und damit haben sie völlig recht.“