Wann sollen die Schulen wieder öffnen?
In den meisten Ländern Europas sind seit Wochen die Schulen geschlossen. Per Internet versuchen viele Lehrende, den Kindern und Jugendlichen den Schulstoff nach Hause zu bringen - wo allerdings sehr unterschiedliche Voraussetzungen herrschen. Nun wird über eine baldige Rückkehr in die Schulen diskutiert und darüber, wie Gesundheitsschutz und Bildung in Einklang gebracht werden können.
Lasst uns erfinderisch sein
Angesichts der zunehmenden Ungleichheiten infolge des Fernunterrichts sollten die Schulen baldmöglichst wieder öffnen, drängt L'Echo und ermuntert zu kreativen Lösungen:
„Mögliche Wege für eine allmähliche Wiederaufnahme des Unterrichts sind vorhanden: Pre-Teaching, angepasste Unterrichtszeiten, Klassen im Wechsel, Unterricht in kleinen Gruppen. … Lasst uns erfinderisch sein! Und die besten Methoden kombinieren, um den Bildungsapparat zumindest ein Stück weit wieder in Gang zu bringen. Abgesehen davon, dass das Lernen in der Schule leichter fällt und sie ihre soziale Rolle wieder erfüllen könnte, hätte eine Wiederöffnung den positiven Nebeneffekt, dass unsere Wirtschaft wieder in Schwung käme.“
Nicht mit den Kindern experimentieren
In Griechenland sollen ab 11. Mai die Schüler der Abschlussklassen wieder unterrichtet werden. Alle anderen sollen stufenweise ab dem 18. Mai wieder in die Schule gehen. Capital kritisiert diesen Plan scharf:
„Was wird es den Schülern des Gymnasiums bringen, für etwa 20 Tage vor dem Ende des Schuljahres zurückzukehren? ... Absolut nichts. Und gibt es in allen Schulen die Voraussetzungen, um die notwendigen Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten? ... Das ist sehr zweifelhaft. Und da ist noch eine andere Frage: Warum die stufenweise Rückkehr? Warum kehren zum Beispiel nicht alle am 11. Mai zurück? Wenn es kein Problem gibt, gibt es keinen Grund dafür. ... Wir können mit der Öffnung des Marktes und der Wiederaufnahme des wirtschaftlichen und sozialen Lebens experimentieren. Aber nicht mit den Kindern.“
Sommerferien verkürzen
Die Corona-Krise bietet die Chance, den Schulkalender dauerhaft sinnvoll im Sinne der Schüler umzugestalten, meint The Times:
„Studien zeigen schon lange, dass Schüler aufgrund unserer ungewöhnlich langen Sommerferien einiges von dem vergessen, was sie in der ersten Jahreshälfte gelernt haben. Und es sind Schüler aus ärmeren Verhältnissen, die am meisten hinterherhinken, wenn sie im September in die Schule zurückkehren. ... Eine Verkürzung der Sommerferien von sechs auf vier Wochen würde Lehrern und Schülern noch genug Zeit lassen, sich am Ende des Schuljahres zu erholen. ... Eine Reform des Schulkalenders, ohne dass dabei zusätzliche Kosten anfallen, wäre das größte Geschenk für künftige Generationen.“
Mehr Schulabbrecher und Analphabeten
In Rumänien sollen die Schulen bis September geschlossen bleiben. Das birgt die Gefahr, dass viele abgehängt werden, warnt die Geschäftsführerin der christlichen Kinderhilfsorganisation World Vision Romania, Mihaela Nabăr auf Republica.ro:
„Alle Kinder, mit denen ich in diesen Tagen gesprochen habe, haben mir gesagt, sie möchten wieder in die Schule gehen. Das sei ihr größter Wunsch. Doch jetzt, wo die Schule zu Hause stattfindet, wächst immer mehr die Kluft zwischen armen Elternhäusern und jenen, die ein Einkommen haben. Kinder aus ländlichen Gegenden haben keinen Zugang zum Online-Unterricht, weil sie nicht die entsprechende Infrastruktur haben. Sie haben damit keinerlei Zugang zum Lehrer, der nicht prüfen kann, ob die Kinder statt Schule nicht gerade Ferien machen. Am Ende werden wir erleben, dass die Zahl der Schulabbrecher und der Analphabeten wächst.“