Zweite Welle: Machen die Nachbarn es besser?
Viele Länder Europas verschärfen derzeit die Corona-Maßnahmen, um die starke Zunahme von Infektionen einzudämmen. Die neuen Verordnungen reichen von Maskenpflicht im öffentlichen Raum, der Schließung von Bars und Restaurants bis hin zu kompletten Ausgangssperren in der Nacht. Kommentatoren empfehlen der Politik, dabei öfter einmal den Blick über die Landesgrenzen hinaus zu werfen.
Nur Improvisation reicht nicht
Der Berlin-Korrespondent von Denik N, Pavel Polák, fragt sich, weshalb Deutschland derzeit in der Corona-Krise so sehr viel besser dasteht als Tschechien:
„Es ist ganz einfach: wir Tschechen lieben es, zu improvisieren. Wir haben keinen Plan, handeln hastig und treffen Entscheidungen ad hoc entsprechend der aktuellen Stimmung. Im Sommer lockerte auch Deutschland sein Corona-Regime. Es hob jedoch die Maßnahmen der ersten Welle nicht auf. Angela Merkel erinnerte die deutsche Öffentlichkeit immer wieder daran, dass die Pandemie nicht verschwunden sei und zurückkehren werde. Zu Beginn des Sommers beschloss die Bundesregierung, das Personal der Gesundheitsämter aufzustocken, da das erklärte Ziel darin bestand, die Ausbreitung des Virus durch Rückverfolgung unter Kontrolle zu halten. Eine solche Art der Regierungsführung ist im Gegensatz zu der in Tschechien planvoll und strategisch.“
Mehr schwedische Gelassenheit, bitte!
Iltalehti wünscht sich weniger Aufregung im Umgang mit der Corona-Krise:
„Finnland sollte sich an der Einstellung zu Corona in Schweden ein Beispiel nehmen. Und zwar ungeachtet dessen, dass Schweden im Frühjahr beim Schutz der Älteren in den Pflegeheimen gescheitert ist. Diese Schlussfolgerung kann man ziehen, wenn man sieht, in welchem Tempo in Finnland derzeit Empfehlungen und Regeln abgegeben werden. … Schweden hat den Mut gehabt, seit Anfang März dieselbe Linie zu verfolgen. Die Regeln haben sich im Prinzip nicht geändert. … Die Infektionslage ist doppelt so hoch wie in Finnland, aber unter Kontrolle. So wie in Finnland ist die Sterblichkeit in Schweden jetzt niedrig. … Wenn Finnland etwas für den Winter benötigt, dann ist dies ein wenig von der Gelassenheit Schwedens.“
Frankreichs Ausgangssperre könnte sinnvoll sein
In der Region Katalonien schließt man die Gastronomie, um auf erhöhte Fallzahlen zu reagieren. La Vanguardia wirbt für den Blick über die Landesgrenzen:
„Katalonien ist kein Einzelfall, im Gegenteil. In ganz Europa erleben wir eine zweite Welle. ... Da es keine europäische Antwort gibt, ist es von Interesse, die Gegenmaßnahmen der Länder zu vergleichen. Denn vielleicht sind nicht alle gleichermaßen wirkungsvoll. Frankreich kündigte eine ab Samstag geltende nächtliche Ausgangssperre an. Das ist ungewöhnlich in einer Demokratie, aber vielleicht doch nützlich, wenn nächtliche Zusammenkünfte für viele Ansteckungen verantwortlich gemacht werden.“
Jetzt den Unternehmen unter die Arme greifen
Regierungen dürfen sich nicht allein auf Beschränkungen konzentrieren, mahnt Új Szó:
„Der Preis, den die Wirtschaft in der zweiten Welle zahlen muss, scheint einstweilen nicht so hoch zu sein wie bei der ersten Welle. ... Das heißt aber längst nicht, dass die Wirtschaftslage [in der Slowakei] unproblematisch ist. Die von der Regierung eingeführten Beschränkungen haben als Erstes den Kultur- und den Sportbereich wieder in die Knie gezwungen, dazu kommt ab Donnerstag das Gastgewerbe und der Wellness- und Fitnessbereich, die sich noch nicht einmal von den Folgen der ersten Welle vollständig erholt haben. Jetzt müssen sie das Geschäft für eine ungewisse Zeit wieder schließen. Wenn man etwas aus der ersten Welle gelernt haben sollte, dann die Tatsache, dass all diese Unternehmen eine schnelle und wirksame Hilfe brauchen.“