Zollunion: EU geht auf Türkei zu
Die EU will eine Ausweitung der Zollunion mit der Türkei vorbereiten, die Ankara zu einer konstruktiven Lösung in den Konflikten mit Athen und Nikosia anreizen soll. 2018 hatte die Union offiziell beschlossen, wegen rechtsstaatlicher Probleme vorerst keine Verhandlungen mit der Türkei aufzunehmen, noch im Dezember 2020 drohte die EU mit Sanktionen wegen Ankaras Erdgaserkundungen. Woher kommt der Sinneswandel?
US-Regierung hat ihre Finger im Spiel
Die EU trifft ihre Entscheidungen bezüglich der Türkei nicht autonom, sondern wird von Washington beeinflusst, meint Hürriyet:
„Die demokratische US-Regierung hat die Stärkung der Demokratie auf globaler Ebene zu einem der Hauptziele ihrer Außenpolitik gemacht. … Während die USA und Europa ihre transatlantischen Beziehungen neu definieren, erscheint die Türkei in diesem Dialog als kritischer Punkt. In einer Analyse nach dem EU-Gipfel im Dezember unter dem Eindruck der US-Präsidentschaftswahl im November titelten wir mit den Worten 'Führt der Weg nach Brüssel etwa über Washington?'. ... Letzte Woche wurden wir dann Zeuge, wie Washington auf Brüssel zuging, um den Weg beträchtlich zu verkürzen.“
Erdoğan nicht belohnen
Ankara jetzt eine Ausweitung der Zollunion anzubieten, findet De Volkskrant zu schnell und zu billig:
„Das Timing ist sehr unglücklich, da Erdoğan gerade jetzt aus einem wichtigen Frauenvertrag tritt und ein Verbot der kurdischen Oppositionspartei droht. Die Beziehung zu Ankara ist komplex und eignet sich nicht für einfache Lösungen, wie etwa die Türkei aus der Nato zu werfen. Der EU-Türkei-Deal von 2016 konnte durch eine Notlage gerechtfertigt werden. Aber das gilt nun viel weniger. Die EU ist zum Durchwurschteln verurteilt, aber auf der Grundlage von Selbstrespekt und im Bewusstsein ihrer wirtschaftlichen Stärke. Die EU-27 hätten einen höheren politischen Preis fordern müssen, auch im Bezug konkreter rechtsstaatlicher Schritte. Jetzt sieht es so aus, als ob Erdoğans Politik der Einschüchterung belohnt wird.“