Wahl in Sachsen-Anhalt: Analysen aus Europas Presse
Die CDU von Ministerpräsident Reiner Haseloff hat die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am Sonntag mit 37,1 Prozent deutlich gewonnen. Zweitstärkste Kraft blieb mit 20,8 Prozent die rechtspopulistische AfD. Die europäische Presse ordnet die Ergebnisse unterschiedlich ein, nicht zuletzt im Hinblick auf die anstehende Bundestagswahl.
Zeichen der Trumpisierung Deutschlands?
Für den Berlin-Korrespondent des Tageblatts, Werner Kolhoff, hat sich die Bereitschaft, eine rechtsextreme Partei zu wählen, in Sachsen-Anhalt verfestigt:
„Die AfD dort gehört zum Schlimmsten, was die Partei bundesweit zu bieten hat. Jeder Wähler weiß das mittlerweile. Es hat niemanden abgehalten. Und dieser Befund gilt ... für große Teile des Ostens. Und nicht nur da. Bei den Corona-Demonstrationen hat man gesehen, wie verführbar viele Menschen auch im Westen sind. ... Beginnt hier die Trumpisierung Deutschlands? Es wäre jedenfalls fatal, wenn die Parteien der Mitte diesen Wahlsonntag unter 'Nix passiert' abbuchen würden, bloß weil er ihre Wahlkampfvorbereitungen nicht weiter stört. Er gehört in das Kapitel 'Alarmzeichen'.“
Die CDU kann von Haseloff lernen
Der Sieg des amtierenden Ministerpräsidenten ist auch ein Sieg über die AfD, glaubt dagegen Der Spiegel:
„Was im Osten bisher so schwer für die Christdemokraten erschien, hat er geschafft: Er hat Wähler von der AfD zur Union zurückgeholt. ... Gelungen ist Haseloff das mit einem konservativen, authentischen Kurs, auch gegen Berlin, auch in Abgrenzung zu den Grünen. Für die ostdeutsche CDU, die sich in den vergangenen Jahren so schwertat, einen richtigen Umgang mit der starken AfD zu finden, dürfte Haseloffs Kurs lehrhaft sein und könnte Schule machen. ... Konservativ, ja. Zusammenarbeit mit der extremen Rechten, um konservative Positionen auch durchzusetzen, auf keinen Fall. Mit dieser Kombination kann die CDU im Osten wieder Wahlen deutlich für sich entscheiden.“
Ein Geschenk für Laschet
Die CDU wird im Herbst von diesem Wahlsieg profitieren können, prognostiziert auch Népszava:
„Nach dem Wahlsieg in Sachsen-Anhalt kann die CDU wahrscheinlich ihren Vorsprung gegenüber den Grünen auf Bundesebene erhöhen. Zwar war es CDU-Landeschef Reiner Haseloff, der für Armin Laschet die Kohlen aus dem Feuer geholt hat, Laschet selbst hatte mit dem guten Ergebnis nichts zu tun. Dennoch darf der CDU-Vorsitzende jetzt mit Recht darauf hoffen, dass das Gesamtbild von ihm sich verändert, und dass der Spruch von Konrad Adenauer, nämlich dass es in der Politik immer eine Chance für einen Neustart gibt, zur Wahrheit wird.“
In schwierigen Zeiten punkten Amtsinhaber
Armin Laschet sollte sich nicht zu viel auf das gute CDU-Resultat in Sachsen-Anhalt einbilden, meint dagegen Der Standard:
„Trotz Haseloffs Wahlsieg kann Laschet aber persönlich noch nicht aufatmen. Der langjährige Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt bekam (auch) jene Zustimmung, die im März schon der Grünen-Regierungschef von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, und die rote Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, erhalten haben. In schwierigen Pandemiezeiten profitieren Amtsinhaber. ... Aber einen solchen Amtsbonus hat Laschet im Bund nicht vorzuweisen. ... Sachsen-Anhalt gibt dem CDU-Kanzlerkandidaten zwar ein bisschen Rückenwind; automatisch ins Kanzleramt trägt ihn dieser Urnengang aber nicht.“
Die Jungen wählen AfD
Zwar wurde die AfD von der CDU deutlich auf Rang zwei verwiesen, doch ein genauerer Blick stimmt Mladá fronta dnes nachdenklich:
„Die AfD hat trotz des partiellen Rückgangs der eigenen Wähler nicht bedeutend verloren. Die Statistik zeigt zudem einen unangenehmen Trend: Es sind vor allem junge Wähler, die bei der AfD ihr Kreuzchen machen. In den Altersgruppen von 18 bis 24 und 35 bis 44 Jahre bekam sie in etwa die gleiche Stimmenzahl wie die CDU. Bei den Leuten zwischen 25 und 34 hat sie gar gewonnen. Und das, obwohl die AfD in Sachsen-Anhalt sein Anfang des Jahres unter Beobachtung des Verfassungsschutzes wegen des Verdachts des Rechtsextremismus steht.“